Mount McKinley heißt nun Denali: Alaska setzt sich nach jahrzehntelangem Kampf endlich durch

Washington · Vierzig Jahre lang hat der nördlichste Bundesstaat der USA dafür gekämpft, dem höchsten Berg Nordamerikas seinen alten, indianischen Namen wiederzugeben. Nach einem Machtwort Barack Obamas ist er am Ziel. Und heißt nun Denali.

William McKinley befahl eine bewaffnete Intervention auf Kuba, womit die Vereinigten Staaten der damals schon arg geschwächten Kolonialmacht Spanien den Krieg erklärten. Auch von den Philippinen ließ er die Spanier vertreiben, dann aber die eigene Armee derart brutal gegen die Aufständischen des Archipels vorgehen, dass sich zwischen New York und Chicago bald heftiger Protest regte.

Nach China entsandte er 2500 Soldaten zur Niederschlagung des Boxeraufstands. Und während McKinley die Angriffe im typischen Ton seiner Epoche damit begründete, dass man allen Völkern den "Segen der Freiheit und der Zivilisation" bringen wolle, sah der Schriftsteller Mark Twain einen skrupellosen Imperialisten am Werk, der das Credo der amerikanischen Republik verriet, indem er den europäischen Mächten mit ihren kolonialen Eroberungen nacheiferte.

Das alles hinderte einen Goldsucher namens William Dickey nicht, den höchsten Berg Alaskas, den höchsten Gipfel Nordamerikas, nach McKinley zu nennen, nachdem die Republikaner den Mann 1896 zum Präsidentschaftskandidaten gekürt hatten. McKinley galt als glühender Anhänger des Goldstandards, also der Deckung der Währung durch Gold. Am 6. September 1901 von den Schüssen eines Anarchisten so schwer verletzt, dass er acht Tage später starb, geriet er schnell in Vergessenheit.

Mit Theodore Roosevelt folgte ihm ein politisches Schwergewicht, das solche Bedeutung erlangte, dass man sein Konterfei neben Washington, Jefferson und Lincoln in den Fels des Mount Rushmore meißelte. Nur der Berg in Alaska behielt McKinleys Namen, obwohl der nördlichste Bundesstaat der USA seit 1975 hochoffiziell dagegen ankämpfte. Denali sollte er heißen, so wie ihn Indianervolk der Athabaskan schon zu Zeiten nannte, als Kolumbus Amerika noch nicht entdeckt hatte. Denali, der Hohe, der Mächtige.

Es sollten vierzig Jahre vergehen, bis das Weiße Haus den Wünschen Alaskas nachgab. Barack Obama bedient sich seiner Vollmachten und spricht ein Machtwort, nachdem ein geografisches Expertengremium nicht gewagt hatte, den Namensstreit zu entscheiden. Es hat wohl auch damit zu tun, dass Obama keine Wahl mehr gewinnen muss, wenn er in 17 Monaten aus dem Amt scheidet. McKinley nämlich stammte aus Ohio, und in Washington wollte es sich niemand mit den Lokalpatrioten eines Bundesstaats verscherzen, der bei jedem Präsidentschaftsvotum das Zünglein an der Waage bildet.

Übrigens, als die Kontroverse zwischen Alaska und Ohio 1980 ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte, verwiesen die Politiker des "Buckeye State" mit Erfolg auf die Tatsache, dass es in Alaska auch andere Berge mit eindeutig nichtindianischen Namen gibt, zum Beispiel den Mount Churchill. "Wollen wir etwa den Namen eines ermordeten US-Präsidenten hergeben und den eines Briten behalten?", polterte ein Kongressabgeordneter namens Ralph Regula.

Damals endete das Ringen mit einem Kompromiss: Der 6168 Meter hohe Gipfel hieß weiter McKinley, der Nationalpark, in dem er liegt, Denali. Dass Ohio noch einmal Einspruch einlegt, ist eher unwahrscheinlich. Den gewandelten Zeitgeist, neulich erst hat ihn ein Leitartikler des "Columbus Dispatch", der größten Zeitung des Bundesstaats, ziemlich akkurat widergespiegelt. Ohio wäre gut beraten, sein andauerndes Rückzugsgefecht endlich abzublasen, schrieb er. "Lasst den Denali endlich den Denali sein."

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