Mühsame Fortschritte

Es gab Zeiten, da galt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf als "weiches Thema" in der Politik. Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach anfangs gar verächtlich von "Gedöns". Das hat sich gründlich geändert.

Politiker aller Couleur überbieten sich beinahe täglich in ihren Bekenntnissen für ein familienfreundliches Land. Auch führende Wirtschaftsvertreter geloben, dass Kinder und Karriere keine Gegensätze sein müssen. So wurden zahlreiche Initiativen gegründet, Bündnisse geschmiedet und Projekte ins Leben gerufen. Doch der Fortschritt ist eine Schnecke. Zu Jahresbeginn meinten fast 90 Prozent der 16- bis 44-jährigen Deutschen in einer Umfrage, dass ihr Betrieb nur wenig mit elternfreundlichen Rahmenbedingungen am Hut hat. Jeder Fünfte berichtete sogar, in seiner Firma würden Kinderlose ausdrücklich bevorzugt. Daran dürfte sich in der Zwischenzeit nicht viel geändert haben. Der von Angela Merkel als "Meilenstein" gefeierte Familien-Gipfel gestern in Berlin war dann auch lediglich ein kleiner Mosaikstein für eine familienfreundliche Umwelt. Dabei lässt schon der demografische Wandel ahnen, dass sich Unternehmer zunehmend um geeignetes Personal kümmern müssen. Familienfreundlichkeit als Standortvorteil - diese Formel wäre noch vor wenigen Jahren belächelt worden. Wissenschaftlich belegt ist inzwischen auch, dass eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Wachstumsimpulse der Wirtschaft stärkt. Nur bei uns hat es sich leider noch nicht überall herumgesprochen. nachrichten.red@volksfreund.de

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