Mutig oder mutlos, Kompromiss oder Frechheit?

BERLIN. (wie) Die Kritik an der Gesundheitsreform hält an. Wie sehen Bundestagsabgeordnete aus der Region das umstrittene Reformwerk? Der TV fragte nach.

BERNHARD KASTER (CDU), TRIER: Die starke Kritik an der Gesundheitsreform ist überzogen. Die Koalitionspartner hatten beim Thema Gesundheit vollkommen unterschiedliche Vorstellungen, trotzdem ist in wenigen Monaten ein sehr gutes Ergebnis gelungen. Keine Reform zuvor hat den Mut gehabt, das Gesundheitswesen so stark zu verändern. Nicht nur die Finanzierung wird mit dem Gesundheitsfonds neu aufgestellt, sondern vor allem viel Transparenz und Wettbewerb eingeführt. Sollte ein Mangel an Arztpraxen auftreten, können über Gebührenzuschläge finanzielle Anreize für Mediziner geschaffen werden. Mit etwas Sorge betrachte ich aber die Situation der kleinen Krankenhäuser nach der Reform. Diese dürfen nicht finanziell überfordert werden.KARL DILLER (SPD), TRIER: Das Ergebnis enthält für die SPD wichtige Punkte: Niemand wird künftig ohne Versicherungsschutz sein. Es gibt keine Ausgrenzung ganzer Leistungsbereiche. Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherten bleibt Grundpfeiler der solidarischen Versicherung. Es gibt kein einseitiges Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge. Die finanzielle Schieflage der Kassen wird durch die Erhöhung der Beiträge kurzfristig ausgeglichen. Weitere Schritte müssen folgen, die die Unwirtschaftlichkeit des gesamten Systems beseitigen.ULRIKE HÖFKEN (GRÜNE), BITBURG: Was sich Union und SPD hier leisten, ist eine Frechheit. Die Bürger werden verschaukelt. Nach monatelangem Ringen konnte sich die große Koalition gerade einmal darauf verständigen, die Beiträge anzuheben und den gerade gestrichenen rot-grünen Steuerzuschuss wenigstens teilweise wieder einzuführen. Das ist ein Dokument der Mutlosigkeit. Nichts von dem, was nötig gewesen wäre, hat die große Koalition angepackt. Statt Strukturreformen anzupacken, ist die Koalition wieder den leichten Weg gegangen und greift den Bürgern erneut in die Tasche. EDMUND GEISEN (FDP), DAUN: Die Reform hat diesen Namen nicht verdient. Sie beinhaltet nur Beitrags- und Steuererhöhungen. Ziel muss es sein, die Konjunktur anzukurbeln, daher dürfen die Bürger nicht noch zusätzlich belastet werden. So werden die Probleme nicht gelöst. Die Kassen verschlingen mit ihren Verwaltungskosten noch immer viel zu viel Geld. Wir brauchen eine Grundversicherung für alle Bürger. Wer mehr und bessere Leistungen haben will, muss sich - wie beim Auto - zusätzlich absichern. Die gesamte Reform steht auf tönernen Füßen. Eigentlich müsste man bereits jetzt mit der Reform der Reform beginnen. (Fotos: TV-Archiv)

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