Unwetter Nach dem Orkan wird gerechnet

Berlin · Mindestens acht Tote, geschätzt eine halbe Milliarde Euro Schaden: Friederike ist vorbei, aber die Bilanz ist bitter.

 Umgestürzte Bäume liegen in Alpen (Nordrhein-Westfalen). Orkan Friederike hat etwa eine halbe Milliarde Euro an Schäden angerichtet.

Umgestürzte Bäume liegen in Alpen (Nordrhein-Westfalen). Orkan Friederike hat etwa eine halbe Milliarde Euro an Schäden angerichtet.

Foto: dpa/Arnulf Stoffel

(dpa) Der verheerende Orkan Friederike hat in Deutschland Schäden von einer halben Milliarde Euro angerichtet. Das geht aus ersten Schätzungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor. Der GDV hat dabei die versicherten Schäden zusammengerechnet. Mindestens acht Menschen verloren in dem Sturm ihr Leben. Die Zugverbindungen kamen am Freitag langsam wieder ins Rollen. Die Bahn hatte erstmals seit 2007 den Fernverkehr deutschlandweit eingestellt. Auch die Wetterlage entspannte sich – es bleibt jedoch ungemütlich.

Friederike gilt als der schwerste Sturm in Deutschland seit Kyrill, der auf den Tag genau elf Jahre zuvor über das Land hinweggefegt ist. Allerdings war Kyrill deutlich verheerender. Der Sturm schlug mit mehr als zwei Milliarden Euro Schaden zu Buche.

Wie Kyrill hinterließ Friederike nicht nur eine Schneise der Verwüstung. In Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg starben mindestens acht Menschen, darunter zwei Feuerwehrleute. Mehrere Leute wurden verletzt. 2007 hatte Kyrill in Deutschland elf Menschen getötet.

Da zahlreiche Bahnstrecken zunächst noch gesperrt waren, mussten Reisende auch am Freitag mit erheblichen Einschränkungen rechnen. Der Zugverkehr in Nordrhein-Westfalen etwa war nach zahlreichen Schäden durch den Orkan weiterhin erheblich eingeschränkt. Im Regionalverkehr fuhren am Mittag auf rund der Hälfte der Linien wieder Züge. In Niedersachsen war die blockierte Nord-Süd-ICE-Strecke zwischen Hannover und Göttingen wieder befahrbar. Für Rheinland-Pfalz gab die Deutsche Bahn am Freitag Entwarnung: „Die Schäden nach dem gestrigen Sturm sind weitesgehend behoben. Im Regionalverkehr in Rheinland-Pfalz und im Saarland kommt es zu keinen weiteren Beeinträchtigungen“, hieß es in einer am Mittag veröffentlichten Meldung des Unternehmens. Laut Deutscher Bahn hat Friederike Millionenschäden am Schienennetz angerichtet. An mehr als 200 Streckenabschnitten deutschlandweit seien Reparaturen nötig. Reisende oder Mitarbeiter seien nicht zu Schaden gekommen. Der Bahn-Vorstand für Personenverkehr, Berthold Huber, verteidigte die bundesweite Einstellung: „Die Entscheidung, die Sicherheit unserer Fahrgäste und Mitarbeiter über alles zu stellen, war richtig.“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bedankte sich via Twitter bei den Rettungskräften und sprach den Angehörigen der Todesopfer sein Mitgefühl aus. „Ich danke vor allem den mehr als 1000 ehrenamtlichen THWlern sowie allen anderen Einsatzkräften, die sich in den Dienst der Gesellschaft gestellt haben.“ Der Sturm habe gezeigt, wie wichtig das Technische Hilfswerk (THW) für das Zusammenleben sei.

Der Orkan wütete auch im Wald, vor allem im Harz richtete er Verwüstungen an. Bei Dresden wurden sämtliche Wälder gesperrt. Wer sie dennoch betritt, muss mit einer Geldbuße in Höhe von bis 2500 Euro rechnen.

Heftige Kritik gibt es am inkonsequenten Umgang von Schulen mit dem Unterrichtausfall. Einige Schulen in Nordrhein-Westfalen hatten zunächst trotz der Sturmwarnung Unterricht erteilt und die Schüler dann nach der zweiten oder dritten Stunde nach Hause geschickt. Dadurch waren manche Kinder auf dem Heimweg mitten in den Sturm geraten. Wettermoderator Jörg Kachelmann kritisierte ein solches Verhalten besonders scharf: Dies sei „aktive Sterbehilfe“.

Auch in anderen Ländern Europas wütete Friederike. In Belgien und den Niederlanden kamen Menschen ums Leben. In Polen gab es mehrere Verletzte.

Friederike war von Westen her über Deutschland gefegt. Auf dem Brocken im Harz seien in der Spitze Orkanböen von 203 Stundenkilometer gemessen worden. „Damit haben wir elf Jahre nach Kyrill wieder einen Orkan der Königsklasse“, sagte DWD-Sturmexperte Andreas Friedrich.

Die Meteorologen erwarten für das Wochenende in der Region vor allem Wolken und Regen-, Schnee- und Graupelschauer und wenig Wind (weitere Informationen zum Wetter auf Seite 16).

(dpa)
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