Nach der Lehre direkt an die Hochschule?

Die Wirtschaft fordert einen direkten Hochschulzugang nach einer Lehre mit gutem Abschluss. Nur so könnten Realschule plus und Berufsausbildung zur attraktiven Alternative zum Abitur werden, sagen Handels- und Handwerkskammern.

Mainz. Mehr individuelle Förderung, bessere Berufsorientierung und einen direkten Hochschulzugang für erfolgreiche Absolventen des dualen Ausbildungssystems, so lauten die Forderungen der Wirtschaft an die Schulreform. Wenn sich inhaltlich an der geplanten Realschule plus als Nachfolgerin von Haupt- und Realschule nichts tut, und keine besseren Karriereoptionen für Auszubildende geschaffen werden, entscheiden sich auch künftig Eltern für das Gymnasium als weiterführende Schule. Davon sind der Präsident der Handelskammer Trier, Peter Adrian, und Hauptgeschäftsführer Günther Tartter (Handwerkskammer Rheinhessen) überzeugt. Fatale Folgen für die Nachwuchssicherung der Wirtschaft: Derzeit absolvieren 60 Prozent der Schulabgänger eine duale Ausbildung.

Laut Bildungsministerin Doris Ahnen prüft das Land weitere Vereinfachungen beim Hochschulzugang für Absolventen der beruflichen Ausbildung. Gespräche mit den Kammern liefen.

Skeptisch sieht die Arbeitsgemeinschaft der Kammern, dass an möglichst vielen Realschulen plus zusätzlich die Fachoberschule mit der Fachhochschulreife angeboten werden soll. Die duale Berufsausbildung darf aus ihrer Sicht nicht nur noch als eine Art "Notausstieg für die Minderbegabten" wahrgenommen werden. Ansonsten drohe der neuen Schulform mangels Nachfrage das Schicksal der Hauptschule.

Das Mainzer Kabinett wird heute über den Gesetzentwurf zur Schulreform entscheiden, bevor der Landtag Ende August erstmals berät. Im Vorfeld war die SPD zurückgerudert und hatte sich mit Bildungsministerin Doris Ahnen nach Protest der Gemeinden darauf verständigt, dass die Kommunen weiterhin Schulträger bleiben können. Realschulen plus müssen allerdings in die Verantwortung der Kreise, wenn sie einen Fachoberschul-Zweig erhalten. An die Realschule plus wollen die Kammern vor allem ein System der "Ausbildung plus" anschließen, das auf zusätzliche und fächerübergreifende Qualifikationen in der Berufsschule setzt. Deutschland habe ein vorbildliches duales System, setze allerdings vor einen Hochschulzugang im Vergleich zu anderen Ländern hohe Hürden mit Eingangsprüfungen, Probestudium oder mehrjährige Berufserfahrung. Die Wirtschaft fordert Hochschulzugang für Absolventen der dualen Ausbildung mit Notendurchschnitt von mindestens 2,5. Allgemeine und berufliche Bildung müssten endlich gleichwertig sein.

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