Neue Besen

Heutzutage müssen Theater-Intendanten sowohl Magier als auch Entertainer sein. Ersteres, um in Zeiten knappster Kassen ein interessantes Programm auf die Bühne zu zaubern. Zweiteres, um dafür mit Talent zu trommeln. Beides trifft auf Gerhard Weber, der sich im vorläufigen Programmheft immer noch bescheiden "designierter Intendant" nennt, prima vista zu. Sein Spielplan wird dem trotzig mit Ausrufezeichen versehenen Schlagwort "Theaterlust!" in allen Punkten gerecht. Da steht das Anspruchsvolle neben dem Unterhaltenden, das Klassische neben dem Unbekannten. Dass er in seiner ersten Saison kein wirkliches Risiko eingeht - wer mag es ihm verdenken? Schließlich muss er sein neues Publikum erst einmal austesten. Für Grenzerfahrungen - auch die sollte ein Theater bieten - ist dann in den Folgespielzeiten immer noch Platz. Das Rad neu erfunden hat Weber natürlich nicht. Kontakte zu den Nachbarländern knüpfte und pflegte auch sein noch amtierender Vorgänger Heinz Lukas-Kindermann; er war es ja schließlich, der die Grenze (auch in den Köpfen) nach Jahrzehnten geschlossener Barrieren wieder gen Westen geöffnet hat. Und der Jugendclub, der bei Sylvia Martin in beste Hände überzugehen scheint, hat unter Leitung zunächst von Klaus-Dieter Köhler und später Alexander Etzel-Ragusa mit fast profihaften Aufführungen geglänzt. Wenn wir also die Neuen mit offenen Armen und einem gespannten "Bitte sehr!" empfangen, so nicht, ohne den Scheidenden ein "Danke schön!" nachzurufen. r.nolden@volksfreund.de

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