Neue Milde

Prügelt mal nicht die Gesundheitsministerin, die Kassen oder Patientenvertreter auf die Ärzte ein, machen sie sich selbst das Leben schwer. Es geht ein tiefer Spalt durch die Zunft. Ärztepräsident Hoppe kritisierte kürzlich: Statt Mildtätigkeit regiere bei immer mehr Kollegen nur noch der Kommerz.

Die zumindest nach außen hin demonstrierte Geschlossenheit ist gebrochen. Immer häufiger hört man Verständnis für die Neuordnung des Gesundheitswesens – ungewohnte Töne. Beispiel für die neue Milde der Mediziner: Die fast einhellige Unterstützung des Hausarztmodells der Barmer. Noch vor einem Jahr wurde jeder Vertrag, der an den Standesvertretungen vorbei gemacht werden sollte, verteufelt.

Die Barmer hat einen geschickten Schachzug getan. Sie hat den mächtigen und einflussreichen Hausärzteverband auf ihre Seite gezogen. Die Aktivisten von Ärztenetzwerken wie etwa dem bundesweit aktiven Medi-Verbund werden öffentlich bloßgestellt als Miesmacher, weil sie auf Knackpunkte in dem 55-seitigen Vertrag hinweisen. Auf den ersten Blick hat der Patient nur Vorteile durch das Modell: eine koordinierte Behandlung, einen festen Arzt, einen Stamm-Apotheker, mehr Untersuchungen und 30 Euro Bonus bei der Praxisgebühr. Aber wie so oft verbergen sich die Pferdefüße im Kleingedruckten. Und darauf machen die kritischen Ärzte zu Recht aufmerksam.

Es sollte den Versicherten klar gemacht werden, dass die Barmer damit auch Kosten reduzieren will. Dagegen ist zunächst mal nichts einzuwenden. Sinn der Gesundheitsreform ist es nun einmal, die Ausgaben runter zu fahren. Der Hausarztvertrag ist zunächst ein Sparmodell, dann ein Marketinginstrument, um Kunden zu binden und neue zu gewinnen und erst dann kommen die Versicherten. All das ist legitim. Nur sollte man mit offenen Karten spielen.

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