Neuer Prozess gegen Trierer Gesundheitsmanager Doerfert

Trier · Der ehemalige Chef der Caritas Trägergesellschaft Trier, Hans-Joachim Doerfert, muss sich ab Anfang April erneut vor Gericht verantworten - zehn Jahre nach seiner letzten Verurteilung.

 Aktenmappe der Staatsanwaltschaft (Symbolfoto)

Aktenmappe der Staatsanwaltschaft (Symbolfoto)

Foto: Friedemann Vetter

Der Skandal um die kriminellen Machenschaften des Managers Hans-Joachim Doerfert erschütterte Ende der 90er Jahre die Republik. Zwei Minister fielen, der damalige Bischof und ein katholischer Gesundheitskonzern taumelten, Staatsanwaltschaften und Gerichte hatten viel zu tun. Der Mann, der der Doerfert-Affäre seinen Namen gab, wurde später wegen Untreue und Bestechlichkeit zu zehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt und 2005 vorzeitig entlassen. In gut zwei Wochen muss sich Hans-Joachim Doerfert nun erneut vor Gericht verantworten

Die Koblenzer Staatsanwaltschaft wirft dem 67-Jährigen Insolvenzverschleppung, Unterschlagung und Betrug vor. Doerfert soll als "faktischer Vorstand" einer Trierer Aktiengesellschaft einen Insolvenzantrag erst gestellt haben, als das Unternehmen schon lange zahlungsunfähig war. Außerdem soll Doerfert einen Scheck über 30 000 Euro, der für eine andere Firma bestimmt war, auf seinem Privatkonto eingelöst und damit 4000 Euro Schulden der AG bezahlt haben. Auch bei einem für die Firma abgeschlossen Beratervertrag habe Doerfert getrickst, heißt es in der Anklageschrift.

Der Trierer Rechtsanwalt Paul Greinert, der Doerfert vertritt, bezeichnete die Anklageschrift der Koblenzer Staatsanwaltschaft als Vorverurteilung. "Der Verfolgungseifer war größer als die Tatsachen, die Doerfert belasten", meint Greinert. Seinem Mandanten droht derweil ein weiterer Prozess. In einem ähnlich gelagerten Verfahren wirft die Staatsanwaltschaft Doerfert Insolvenzverschleppung vor. Wird Doerfert verurteilt, droht ihm eine neuerliche Gefängnisstrafe.

Extra: Die Doerfert-Affäre

In den 90er Jahren war Hans-Joachim Doerfert nicht nur in Trier ein einflussreicher und viel hofierter Mann. Als Chef des stetig wachsenden katholischen Gesundheitskonzerns ctt pflegte Doerfert Kontakte in die höchsten Kreise von Politik, Gesellschaft, Kirche und Sport. Entsprechend groß war der Knall, als Ende der 90er Jahre Betrugs- und Untreuevorwürfe gegen den umtriebigen Manager laut wurden und der zuvor vom damaligen Bischof Hermann Josef Spital geschasste Doerfert schließlich an einem Septembermorgen vor seiner Villa in Ruwer verhaftet wurde. Anderthalb Jahre später verurteilte das Koblenzer Landgericht den damals 57-jährigen Juristen wegen Untreue in 58 Fällen zu sieben Jahren und drei Monaten Gefängnis. Doerfert habe die Caritas Trägergesellschaft jahrelang als sein Eigentum betrachtet und sich systematisch aus den Kassen des kirchlichen Vereins bedient, sagte seinerzeit der Vorsitzende Richter Hans-Georg Göttgen in seiner Urteilsbegründung. Als Beispiele für die "Selbstbedienungsmentalität" nannte der Richter Beratungshonorare, die der Geschäftsführer Doerfert dem Rechtsanwalt Doer fert in Rechnung gestellt habe, oder auch Spenden an den Fußballverein Eintracht Trier. Peinlich für die Kirche

Ein knappes halbes Jahr nach dem Koblenzer Urteil stockte das Landgericht München die Strafe gegen Doerfert wegen drei Fällen der Bestechlichkeit sogar noch auf: Zehneinhalb Jahre lautete am Ende die Gesamtfreiheitsstrafe. Auch zwei enge Vertraute Hans-Joachim Doerferts wurden seinerzeit zu Gefängnisstrafen verurteilt, andere Weggefährten kamen mit Geldstrafen davon. Etwa der damalige Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD). Wegen Beihilfe zur Untreue verurteilte das Trierer Amtsgericht den einstigen 1. FC Saarbrücken-Präsidenten per Strafbefehl zu 27 000 Mark. Hintergrund: eine deftige Finanzspritze, die der saarländische Fußballclub von Doer fert bekommen haben soll. Klimmt trat wenig später zurück. Peinlich war der Doerfert-Skandal aber besonders auch für die katholische Kirche und den damaligen Trierer Bischof Spital, der die Rechtsaufsicht über die ctt hatte. Statt den Chef von 42 katholischen Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen zu kontrollieren, vertraute ihm der Bischof blind. Warnende Hinweise Dritter ignorierte Spital. Am Ende waren Image- und finanzieller Schaden enorm: Das Bistum pumpte zig Millionen in den angeschlagenen Gesundheitskonzern, um einen Zusammenbruch zu verhindern. Unter den finanziellen Altlasten leidet die inzwischen in Cusanus Trägergesellschaft Trier umbenannte ctt noch immer. Ihr einstiger Chef Hans-Joachim Doerfert wurde vor sechs Jahren wegen guter Führung vorzeitig auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen. Der gebürtige Saarländer lebt seit einiger Zeit wieder in seiner Wahlheimat Trier.

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