Neues Gremium für neue Krisen

Noch ist die neue "Sicherheitsstrategie für Deutschland" in der Unionsfraktion nicht einmal vorgestellt, geschweige denn beschlossen. Das soll erst morgen geschehen. Und doch ist das Konzept, das nach Medieninformationen unter Führung von Fraktionschef Volker Kauder und mit Zustimmung von Kanzlerin Angela Merkel erarbeitet wurde, schon so gut wie tot.

Berlin. (ko) Die Union will nach US-Vorbild einen "nationalen Sicherheitsrat" im Kanzleramt ansiedeln. Dieser soll Bedrohungen analysieren, schnelle Entscheidungen treffen und die Krisenbewältigung "im In- und Ausland koordinieren". Schon bisher gibt es das Sicherheitskabinett, einen Kabinettsausschuss aus Kanzlerin, Außen- und Verteidigungsminister sowie weiteren wichtigen Ressorts. Dieses geheim tagende Gremium entscheidet jedoch nur über Rüstungsexportgenehmigungen. Im Unterschied dazu will die Union dem "Nationalen Sicherheitsrat" einen festen Arbeitsstab im Kanzleramt geben und dem Gremium auch die Möglichkeit eröffnen, bei eiligen Einsätzen zunächst einen Beschluss zu treffen, ehe der Bundestag einbezogen wird. Das Parlamentsbeteiligungsgesetz, das eine Zustimmung der Abgeordneten zu jedem Auslandseinsatz der Bundeswehr erfordert, soll geändert werden.Dieser Parlamentsvorbehalt markiert allerdings den Unterschied zum amerikanischen Vorbild, wo der Präsident weitgehend allein über Krieg und Frieden bestimmt. Die Pläne passten nicht in die deutsche Struktur, sagte SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow gestern und warnte vor verfassungswidrigen Eingriffen. Was die SPD ebenso stört, ist die Verlagerung der Verantwortung für die Sicherheitspolitik vom Auswärtigen Amt in das Kanzleramt.

Traditionell stellt der kleinere Koalitionspartner den Außenminister. Das dürfte auch der Ablehnungsgrund bei der FDP sein. Mit der bisherigen Gewaltenteilung sei Deutschland gut gefahren, sagte deren Vorsitzender Guido Westerwelle. Ein Sicherheitsrat drohe, "die Achse der Außenpolitik massiv zu verschieben". Die Union begründet ihren Vorschlag mit der steigenden Zahl von Krisen und der Notwendigkeit einer schnelleren und gebündelten Reaktion. Tatsächlich hat die Regierung den sicherheitspolitischen Sachverstand schon seit Jahren immer mehr konzentriert, zuletzt mit der Entscheidung über den Umzug des Bundesnachrichtendienstes nach Berlin. Das Kanzleramt hatte bereits unter Gerhard Schröder an Bedeutung gewonnen, auch durch die zahlreichen Auslandseinsätze der Bundeswehr. Die Union geht aber darüber hinaus. In ihrem Entwurf erneuert sie die Forderung, die Bundeswehr auch im Innern einzusetzen. Für Aufgaben des Heimatschutzes müssten ausreichend Soldaten zur Verfügung stehen. Außerdem spricht sich die Partei für einen eigenen europäischen Raketenschutzschirm aus und macht auch die Energiesicherheit zur Aufgabe der Militärs. Damit, so Grünen-Fraktionschefin Renate Künast, werde die bisherige Sicherheits- und Verteidigungspolitik Deutschlands "auf den Kopf gestellt".

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