Nicht zum Nulltarif

Schon zu lange ist die Diskussion um 13 oder zwölf Schuljahre bis zum Abitur eine Glaubensfrage. Sie scheidet die Geister, ohne auf die Realitäten zu achten: Die im Vergleich zu den Nachbarländern lange Schulzeit hat sich in Deutschland bisher nicht in einem überdurchschnittlichen Qualitätsstand der Abiturienten niedergeschlagen.

Wenn sich nun in Mainz auch die SPD in Richtung verkürzte Schullaufbahn bewegt, ist dies nicht zuletzt der Erkenntnis zu verdanken, dass Schulerfolg vor allem an der Qualität des Unterrichts festzumachen ist. Internationale Studien wie Pisa zeigen, dass vor allem individuelle Förderung und auch die Ganztagsschule positive Faktoren sind. In Sachen Schulzeitverkürzung hat Rheinland-Pfalz mit seinem bisherigen Sonderweg der um drei Monate vorgezogenen Reifeprüfung zwar den richtigen Weg eingeschlagen, ist aber auf halber Strecke stehen geblieben. Auch die jetzt geplante Bindung des achtjährigen Gymnasiums an die Ganztagsschule wird nur eine vorübergehende Hürde sein, weil beides längerfristig schlicht zusammengehört. Allerdings machen es sich diejenigen zu einfach, die den Stoff von neun Gymnasialjahren einfach in acht packen wollen. Mit dem Umbau müssen Unterrichtsmethoden verbessert, individuelle Förderung ausgebaut und Ballast in den Lehrplänen abgeworfen werden. Die Schulzeitverkürzung darf nicht zu einem verkappten Sparprogramm mutieren, denn zum Nulltarif ist das G8 nicht zu haben. Das ginge auf Kosten der Schüler. Eine Gesellschaft, die sich mit Blick auf Lebensarbeitszeit und demografischer Entwicklung keine überlangen Ausbildungszeiten erlauben will, darf sich erst recht nicht erlauben, Schüler durch den Rost fallen zu lassen.j. winkler@volskfreund.de

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