Noch keine richtige Lust auf Wahlkampf

Berlin · Der Koalitionsgipfel am Donnerstag litt unter einem Problem: Finanzminister Wolfgang Schäuble weilte zur Weltbanktagung in Washington. Überall da, wo die Finanzierung von Vorhaben strittig ist und die Dinge mit ihm nicht vorbesprochen waren, konnte es deshalb nicht recht vorangehen.

Berlin. Es gab auch Themen, die nicht von Schäubles Placet abhingen. Vor allem die SPD konnte zufrieden sein. Hier die Themen.

Mini-Steuerreform: Die Entlastung von insgesamt 6,3 Milliarden Euro soll Anfang 2017 wirksam werden. Kern ist die Anhebung des Steuergrundfreibetrages, des sogenannten Existenzminimums, auf 9000 Euro im Jahr. Auch das Kindergeld erhöht sich dadurch - um zwei Euro. Die Anpassung an die steigenden Lebenshaltungskosten ist verfassungsrechtlich vorgeschrieben, es ist also keine echte Reform. Durch den Schritt wird aber die Wirkung der Kalten Progression gemildert. Die SPD setzte noch eine Anhebung des Kinderzuschlages um zehn auf 170 Euro für Familien mit geringem Einkommen durch.

Unterhaltsvorschuss: Auch hier erzielte die SPD einen Erfolg. Der staatliche Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende, deren Partner säumig sind, soll künftig nicht nur bis zum zwölften, sondern bis zum 18. Lebensjahr des Kindes bezahlt werden - und das länger als sechs Jahre, was bisher die Obergrenze war. Allerdings muss noch mit den Ländern wegen der Finanzierung gesprochen werden.

Entgeltgleichheit: Firmen ab 200 Mitarbeitern müssen den Beschäftigten auf Verlangen künftig die gleiche Bezahlung für gleiche Posten von Frauen und Männern nachweisen und dokumentieren. Die Betriebsgröße war lange umstritten gewesen. Die CSU nahm nach dem Gipfel für sich in Anspruch, den ursprünglichen Entwurf von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) "stark entbürokratisiert" zu haben. Die SPD sprach von einem "Durchbruch".

Renten: Hier ging es um die langfristige Sicherung des Rentenniveaus, die Betriebsrenten, die Erwerbsminderungsrente, die Mütterrente und die Ost-West-Rentenangleichung. Beschlossen wurde nur ein Fahrplan. Bis Ende Oktober will man bei einem neuen Gipfel entscheiden, welche der Vorhaben in dieser Legislaturperiode noch umgesetzt werden sollen, und welche nicht.

Innere Sicherheit: Die Koalition kam überein, ein von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vorgelegtes Paket weitgehend umzusetzen. Dazu gehört nicht nur die Aufstockung der Bundespolizei und des BKA, sondern auch eine Strafverschärfung bei Einbruchdiebstahl. De Maizière und Justizminister Heiko Maas (SPD) sollen nun einen Vorschlag machen. Ebenfalls soll die Behinderung oder der Angriff auf Polizisten und Rettungskräfte im Einsatz schärfer geahndet werden.

Majestätsbeleidigung: Nachdem die Staatsanwaltschaft Mainz die Anzeige des türkischen Präsidenten Erdogan gegen den Satiriker Jan Böhmermann niedergeschlagen hat, steht einer Abschaffung des Paragrafen nichts mehr im Wege. Es soll nur noch die formale Einspruchsfrist abgewartet werden.

Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck: Angeblich wurde darüber nicht gesprochen. Für die Klärung dieser heiklenFrage war die Runde zu groß.
Extra

Momentan arbeiten sie noch zusammen - fast wie eine Mannschaft beim Fußball. Doch in knapp einem Jahr treten sie bei einer großen Wahl gegeneinander an. Gemeint sind die Politiker der deutschen Regierung. Zur Regierung in Deutschland gehören momentan drei Parteien: die CDU, CSU und SPD. Die ersten beiden, CDU und CSU, werden zusammen oft als Union bezeichnet. Die Chefin der Regierung ist Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie gehört zur Partei CDU. Am Donnerstag trafen sich einige Politiker der Regierung in Berlin. Wenn sich mehrere Parteien zu einer Regierung zusammentun, spricht man von einer Koalition. Vielleicht hast du auch schon mal den Begriff große Koalition gehört. Was könnte das wohl heißen? Vielleicht, dass besonders viele Parteien mitmachen? Nein, nicht ganz! Von einer großen Koalition ist in Deutschland zum Beispiel die Rede, wenn sich die beiden größten Gruppen im Bundestag zusammentun. Das sind seit vielen Jahren die Union und die SPD. So war es auch vor drei Jahren. Damals wählten die Menschen in Deutschland den Bundestag. Im Bundestag sitzen viele Politiker aus ganz Deutschland. Sie entscheiden über Dinge, die für das ganze Land wichtig sind. Die Politiker im Bundestag werden für vier Jahre gewählt. Nächstes Jahr steht die nächste Bundestagswahl an. In den Monaten davor versuchen die Parteien, so viele Menschen wie möglich von sich zu überzeugen. Zwar arbeiten Union und SPD auch dann noch als Regierung zusammen. Spätestens bei der Wahl kämpft aber jeder für sich. Am Donnerstag besprachen die Politiker auch, was sie bis zur Bundestagswahl noch schaffen wollen. dpa

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