Nürburgring: 700 000 Euro für einen Berater
Zu dem 252-Millionen-Euro-Projekt "Nürburgring 2009" kommen immer neue, pikante Details ans Licht. Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) hat am Dienstag im Wirtschaftsausschuss des Landtags erstmals über einen rund 700 000 Euro teuren Beratervertrag der Nürburgring GmbH informiert.
Mainz. Im Bemühen um die Finanzierung ihres Anteils für den Bau des Boulevards mit Erlebniswelt (ursprünglich 135 Millionen, mittlerweile 158 Millionen Euro) hat die Nürburgring GmbH nach Deubels Angaben 2006 einen Beratervertrag mit dem deutsch-luxemburgischen Konsortium IPC/Pinebeck abgeschlossen. Dieses kassierte bis Ende 2008 monatlich 20 000 Euro, also insgesamt rund 700 000 Euro - für ein Finanzierungsmodell, an dem es selbst beteiligt gewesen wäre, das aber nicht zustande kam.
Nach Deubels Angaben war es Gegenstand des Beratervertrags, dass IPC/Pinebeck für die Nürburgring GmbH die Finanzierung beschafft. Die IPC-Mitarbeiter seien "ständig unterwegs gewesen" und hätten Kosten gehabt. Hingegen habe die Nürburgring GmbH, deren Aufsichtsratsvorsitzender Deubel ist, "ein massives Interesse" an einer lukrativen Finanzierung. Pikant ist allerdings, dass IPC/Pinebeck ein Finanzierungsmodell entwarf, bei dem es selbst mit Hilfe von anderen Investoren die Immobilien der Nürburgring GmbH gekauft hätte. Diese hätte dann nach den Plänen die Bauten geleast und laut Deubel 30 Millionen Euro Finanzierungskosten gespart. Das Geschäft kam letztlich jedoch nicht zustande, weil IPC/Pinebeck seinerseits die Refinanzierung nicht sicherstellen konnte. Der Beratervertrag wurde deshalb Ende vergangenen Jahres aufgelöst, sagte Deubel. Nach wie vor sei es aber möglich, das ausgehandelte Finanzierungs-Vertragswerk in Kraft zu setzen, dann mit neuen Zahlen, bekräftigte der Finanzminister.
In Bezug auf das "sehr seriöse und genau zu kalkulierende" Finanzierungsmodell von IPC/Pinebeck wies Deubel jegliche Kritik zurück. Er sprach nur von einem "völlig ungewöhnlichen Vorgang", weil das Land der Nürburgring GmbH 80 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hatte, die dann auf ein Bardepot in Zürich flossen (der TV berichtete). Dieses Geld habe nicht als Sicherheit gedient, sondern als Nachweis der Finanzkraft der Nürburgring GmbH. Die Geschäftspartner von IPC/Pinebeck hätten darauf bestanden. Da aus dem Geschäft nichts geworden sei, sei das Geld komplett wieder ans Land zurückgeflossen. Es habe bei dieser Transaktion laut Deubel "zu keinem Zeitpunkt ein Risiko bestanden". IPC/Pinebeck und auch dessen Vertragspartner seien "in der schärfstmöglichen Form" mit Hilfe der Anwaltskanzleien Redeker und Clifford Chance durchleuchtet worden.
Die Abgeordneten betrachten die hinter den Kulissen vollzogenen Transaktionen sehr kritisch. "Ich fühle mich ein Stück weit getäuscht und ausgetrickst", sagt Günter Eymael (FDP).
Meinung
Von Frank Giarra
Abenteuerliche Transaktionen
Ministerpräsident Kurt Beck hat kürzlich im Landtag mit Blick auf die Finanzkrise und die Aktionen unseriöser Banker davon gesprochen, es sei wieder Zeit für "ehrbare hanseatische Kaufleute". Beck hätte besser mal mit seinem Finanzminister ernsthaft über dieses Thema diskutiert. Immer deutlicher tritt zutage, dass Ingolf Deubel beim Projekt "Nürburgring" - offenbar aus purer Verzweiflung in Ermangelung von Investoren - abenteuerliche Wege geht. 80 Millionen Euro flossen in die Schweiz, 700 000 an Berater, die sich wohl auch selbst beraten - nicht nachvollziehbar. f.giarra@volksfreund.de