Aus dem Archiv: Februar 2011 Nürburgring-Untersuchungsausschuss: Ex-Finanzminister nennt Kreditvermittler „Berufsverbrecher“

Mainz · Sprachlos sind die Mitglieder im Nürburgring-Untersuchungsausschuss nur ganz selten. Doch der frühere rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) schaffte das Kunststück.

Der frühere rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel hat gestern im Nürburgring-Untersuchungsausschuss auf die üblichen ellenlangen Eingangsstatements verzichtet, in denen er nachzuweisen versucht, dass der Finanzskandal um die Eifel-Rennstrecke eigentlich halb so wild gewesen sei. Dieses Mal zeigte sich Deubel sofort für Fragen offen. Und zum ersten Mal zeigte er Einsicht. Der Ex-Minister distanzierte sich deutlich von dem Schweizer Kreditvermittler Urs Barandun. „Nach allem, was ich bis heute weiß, handelt es sich um einen Blender“, so der einstige Finanzminister, „vielleicht sogar um einen Berufsverbrecher.“ Hintergrund: Im Juli 2009 brach ein schier abenteuerliches Finanzierungsmodell für den Ausbau des Nürburgrings zusammen, weil Baranduns Millionen-Schecks ungedeckt waren. Deubel blieb nur noch der Rücktritt. Er gab zu, dass es eine „winzige Gefahr“ für 95 Millionen Euro Landesgelder gegeben habe. Diese waren Teil jenes Finanzgeschäfts, mit dem der millionenschwere Freizeitpark in der Eifel finanziert werden sollte. Der Grund für Deubels Zugeständnis: Die Liechtensteinische Landesbank, bei der sich das Bardepot befand, habe Barandun „treuwidrig“ eine Bescheinigung ausgestellt, die dem schillernden Finanzmakler krumme Geschäfte erleichtert hätten.

Davon will Deubel, der lange als regelrechtes Finanzgenie galt, aber erst lange nach seinem Rücktritt vom Ministeramt erfahren haben. Bereits der rheinland-pfälzische Rechnungshof hatte von einer Sicherheitslücke gesprochen. Auf die Firma Pinebeck, die mit Barandun bei dem geplatzten Millionen-Deal eng kooperierte, lässt Deubel nach wie vor nichts kommen. „Ich habe da nichts zu bemängeln“, meinte er.

Nicht nur Deubels Auftritt sorgte für Spannung: Der frühere Finanzminister Gernot Mittler (SPD) und Jürgen Pföhler (CDU), Landrat im Kreis Ahrweiler, bestätigten, dass der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH im März 2010 dem neuen Betreibermodell zustimmte – ohne die fertigen Verträge gesehen zu haben. Die Papiere regelten, das der Betrieb der Ring-Immobilie in die Hände der Unternehmer Kai Richter und Jörg Lindner gelegt wurde.Immerhin kannte der Aufsichtsrat kannte zumindest die wesentlichen Grundzüge des Vertragwerks. Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) hatte diese in der Sitzung am 25. März mündlich erläutert und einen dreiseitigen Vermerk austeilen lassen. „Eine Zustimmung auf dieser Basis ist unproblematisch“, erklärte der SPD-Obmann Clemens Hoch. Und Ex-Finanzminister Mittler meinte nur: „Um jede Zeile juristisch und sachlich zu überprüfen, hätte ich mir einen Anwalt nehmen müssen.“

Extra

FDP will Subventionen für Freizeitpark stoppen: Die FDP erwägt im Fall einer Regierungsbeteiligung in Rheinland-Pfalz nach der Landtagswahl am 27. März ein schnelles Ende für den staatlich subventionierten Freizeitpark am Nürburgring. „Es darf auch bei solchen Projekten kein Tabu geben“, sagte der liberale Spitzenkandidat für die Wahl, Herbert Mertin, der „Mainzer Allgemeinen Zeitung“ (Freitag). „Wir können uns solche Verlustbringer nicht leisten, wenn wir bei der Nettoneuverschuldung irgendwann auf Null kommen wollen.“ (dpa)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort