Null Toleranz für den Missbrauch

Trier/Luxemburg · Im Umgang mit dem Thema sexuelle Gewalt gegen Kinder gibt es in Europa noch große Unterschiede. Das ist bei einer Tagung von kirchlichen Präventionsbeauftragten aus 14 Ländern deutlich geworden. Ziel ist es, das Null-Toleranz-Prinzip überall zu einem festen Wert der Gesellschaft zu machen.

 Null Toleranz gegen den Missbrauch von Kindern – das eint die Kirche in 14 Ländern, die an einer Tagung in Trier teilgenommen haben. Foto: dpa

Null Toleranz gegen den Missbrauch von Kindern – das eint die Kirche in 14 Ländern, die an einer Tagung in Trier teilgenommen haben. Foto: dpa

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Trier/Luxemburg. Einfach war die dreitägige Veranstaltung in Trier und Luxemburg für die Beteiligten nicht, bei der das Wohl von Kindern, Jugendlichen und anderen Schutzbefohlenen im Mittelpunkt stand. Wie kann die katholische Kirche dieses zentrale Anliegen angesichts der zahlreichen Missbrauchsfälle der vergangenen Jahre wieder glaubhaft vertreten? Darüber wurde bei der ersten europäischen Tagung dieser Art diskutiert. Deutlich wurden dabei große Unterschiede, wie in den Ländern mit dem Thema umgegangen wird.
"Wir haben in Europa eine räumliche und zeitliche Dreiteilung", sagte Andreas Zimmer, Präventionsbeauftragter des Bistums Trier, das gemeinsam mit dem Erzbistum Luxemburg zu der Tagung eingeladen hatte. So sei im englischsprachigen Raum nach dem Bekanntwerden der Missbrauchsfälle in Großbritannien und den USA 2002 mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung begonnen worden. "Schulungsprogramme haben dort bereits eine Tradition. Es gibt feste Ansprechpartner." Vor fünf Jahren hätten die deutschsprachigen Staaten und die Benelux-Länder nachgezogen. In vielen Ländern im Süden und Osten Europas befänden sich die Aufarbeitung des Themas und der Aufbau von Strukturen aber noch am Anfang. "Zumindest werden gewisse Grundstandards nach und nach implementiert."
Mary Hallay-Witte, Präventionsbeauftragte des Erzbistums Hamburg, versicherte, es habe bei der Tagung keine Tabuthemen gegeben: "Es ging um die Opfer, um den Umgang mit beschuldigten Priestern und natürlich auch darum, wie Prävention in der Priesterausbildung eine größere Rolle einnehmen kann."
Theologieprofessor Jean Ehret, Luxemburg, formulierte den Grundstandard, der trotz der Unterschiede für alle Länder gelten müsse: "Zero tolerance - keinerlei Toleranz." Dabei müsse Kirche eng mit anderen Bereichen der Gesellschaft zusammenwirken. "Der Skandal ist nicht, dass die Missbrauchsfälle in der Kirche bekannt geworden sind, sondern dass sie so lange geschehen konnten", betonte Andreas Zimmer. Sexueller Missbrauch und Gewalt gegen Schutzbefohlene hätten immer etwas mit Macht zu tun. "Die Solidarität hat dem Kind zu gelten und nicht einem Mitarbeiter der Kirche", das sei ein Grundprinzip. Kinder müssten zu mehr Selbstbewusstsein gegenüber Priestern, Lehrern und anderen Autoritätspersonen erzogen werden.
Die Kirchen in den 14 an der Tagung beteiligten Ländern sollen voneinander lernen, auch an besonders guten Beispielen im Umgang mit Missbrauch. "Es gibt keine einfachen Lösungen, sondern es wird für alle ein sehr langer und anstrengender Weg", so Zimmer.Extra

Seit 2010 haben sich beim Bistum Trier 114 Missbrauchsopfer gemeldet. 67 Geistliche wurden beschuldigt, davon sind bereits 37 verstorben. 21 Verfahren wurden abgeschlossen, neun sind noch offen. Im Erzbistum Luxemburg haben sich 131 Missbrauchsopfer gemeldet, davon 39 aufgrund sexueller Gewalt, 63 wegen körperlicher Gewalt und 23 wegen Misshandlungen in Heimen und Internaten. r.n.

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