Nur ein langer Pfeifton

SAARBURG/MAINZ. Der Leiter der DRK-Rettungswache in Saarburg soll über ein Funkgerät in den vergangenen Monaten mehrfach den gesamten Funkverkehr in der Luft und am Boden lahm gelegt und damit möglicherweise Rettungsflüge der "Luxembourg Air Rescue" gefährdet haben (TV vom 23. Juni). Wie diese Manipulation funktionierte, erklärte ein Fachmann im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund.

Seit Mittwoch dieser Woche ist der bisherige Leiter der Rettungswache des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Saarburg vorläufig vom Dienst suspendiert. Ein ungeheuerlicher Verdacht steht gegen ihn im Raum, für den die Staatsanwaltschaft Trier seit dem 14. Juni Beweise zusammenträgt.Der 46-jährige Saarburger, der vor 20 Jahren als Sanitäter beim DRK Saarburg begonnen hatte und vor mehr als zehn Jahren die Leitung übernahm, soll seit September 2005 mit einem Funkgerät in den Funkverkehr in der Luft und am Boden eingegriffen und diesen zeitweise lahm gelegt haben.

Betroffen von diesen Manipulationen war in allen Fällen der Hubschrauber der "Luxembourg Air Rescue" (LAR). Sobald dieser von der Integrierten Leitstelle in Trier alarmiert worden war und vom Standort Luxemburg abgehoben hatte, brach plötzlich die Funkverbindung mit den Rettungs-Kollegen am Boden ab.

Manipulieren ist ein Kinderspiel

Über einen Peilsender der Bundesnetz-Agentur machte diese erstmals am 12. April eine Aussendung von der DRK-Rettungswache in Saarburg aus, weitere folgten. Die LAR habe ihren Rettungshubschrauber nach Auskunft des DRK-Landesverbandes in Mainz allein zehnmal testweise steigen lassen, um den Störer ausfindig zu machen.

Am 12. Juni landete der Messtrupp der Bundesnetz-Agentur mit seinen Untersuchungen erneut in Saarburg und konfrontierte den Leiter der Wache mit seinen Erkenntnissen - der Leiter und ein Mitarbeiter seien zum Zeitpunkt der Messung in der Wache gewesen, wie German Robling, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes Trier-Saarburg, auf TV-Nachfrage erklärte.

Dabei scheint die Manipulation beinahe "ein Kinderspiel" zu sein. Wie das funktioniert, erläuterte Hans-Peter Adolph, Leiter des Referats Informations- und Kommunikationstechnik beim DRK-Landesverband in Mainz, gestern dem TV.

So werde über die Einführung der digitalen Funktechnik zwar bereits seit 15 Jahren diskutiert - ausgestattet seien die Rettungsdienste jedoch nach wie vor mit analogen Funkgeräten. Diese sähen ähnlich wie ein Telefonhörer aus und seien mit zwei Tasten versehen.

Wer den Alarm in einer Wache oder beispielsweise einem Rettungswagen betätigen wolle, drücke die Taste eins, lasse sie los und spreche dann. Adolph: "Die Person, die den Funkverkehr gestört hat, hat die Taste gedrückt und diese gedrückt gehalten. Darauf folgt dann ein dauerhafter Pfeifton, der jede Verbindung überlagert."

Zusätzlich könne dadurch manipuliert werden, dass "der Störer" mit der Hand gegen den Lautsprecher klopfe oder die Sprechtaste gedrückt halte und das Mikro gegen einen Gegenstand, etwa einen Computer, halte. "In jedem Fall ist der Funkverkehr komplett gestört."

Zugang zu solchen Funkgeräten habe jeder, der im Rettungswesen arbeite. Darüber hinaus könne jedoch auch jeder "Normalbürger" ein solches Gerät "knacken", informierte Adolph. "Solche Funkgeräte gibt es auf Flohmärkten. Sie sind aber auch für kleines Geld über das Internet zu erwerben." Es passiere immer mal wieder, dass jemand ein auf diese Weise erworbenes Gerät austeste und durch Zufall auf der Frequenz der Rettungsdienste lande. "Die Leute spielen rum, probieren sich durch 100 Kanäle und landen plötzlich auf einer solchen Frequenz", erläuterte der Ingenieur. "Wenn so etwas passiert, reagieren die Rettungskräfte blitzschnell und fordern die Funker auf, die Frequenz zu verlassen. Das passiert normalerweise auch." Mit den "ernsthaften" Amateurfunkern gebe es diese Probleme nicht. "Die haben Respekt vor dieser Frequenz und lassen die Finger von solchen Spielereien - weil sie wissen, dass es um Menschenleben geht und um wertvolle Zeit."

Den Anteil der "mutwilligen Störer" schätzt Adolph auf ein Prozent. Und er betont: "Früher oder später kriegen wir diese Leute aber alle."

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