Nur Zuckerbrot und keine Peitsche

Besorgte Hausbesitzer und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) haben sich durchgesetzt: Vom ursprünglichen schwarz-gelben Energiekonzept ist im Bereich Gebäudesanierung und Verkehr nicht viel übrig geblieben. Gestern hat die Bundesregierung das Konzept mit den längeren Atomlaufzeiten trotz heftiger Proteste beschlossen.

Berlin. Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, Förderung der erneuerbaren Energien, diese beiden Kernbestandteile des Energiekonzeptes der Bundesregierung kannte man schon seit dem 6. September, als die Koalitionsspitzen sich im Kanzleramt auf Eckpunkte verständigten. Gegenüber diesem Papier hat es beim gestrigen förmlichen Kabinettsbeschluss nur in zwei Bereichen Änderungen gegeben, das aber massiv: bei der Gebäudesanierung und im Verkehr.

Vor allem Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hatte die auch von seinem Parteichef Horst Seehofer mit beschlossenen Vereinbarungen kritisiert. Aber auch die Hausbesitzer verlangten Änderungen. Hier eine Übersicht:

Kein Modernisierungszwang: Hieß es ursprünglich, dass bis 2050 für alle 18 Millionen Gebäude in Deutschland der "Nullemissions-Standard" gelten solle, ist von einem solchen Zwang jetzt keine Rede mehr. Nur Neubauten müssen bis 2020 komplett "klimaneutral" sein, was außer durch Wärmedämmung auch durch den Einsatz von erneuerbaren Energien erreichbar ist. Für den vorhandenen Bestand soll bis 2050 lediglich eine Minderung des Primärenergieverbrauchs um 80 Prozent als Ziel gelten, wobei "das geltende Wirtschaftlichkeitsgebot einzuhalten ist". Sprich: Wenn der Aufwand zu groß wird, zum Beispiel in einem Fachwerkhaus, geht es halt nicht. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle gestern: "Zwangssanierung war nie unser Konzept". Von der ursprünglich vorgesehenen Strafzahlung (Malus) ist auch nicht mehr die Rede.

Mix von Sanierungsanreizen: Die Idee der Wiedereinführung einer Sonderabschreibung wurde wieder gestrichen, offenbar auf Drängen von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Dafür werden aber die für die CO{-2}-Gebäudesanierung zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel nun doch auf 950 Millionen aufgestockt. Von dem Geld kann künftig auch, das ist neu, der "Ersatz-Neubau" gefördert werden - für den Fall, dass sich eine energetische Sanierung absolut nicht rechnet. Das Marktanreizprogramm zur Förderung erneuerbarer Energien im Gebäudebereich muss hingegen Einbußen hinnehmen. Jedenfalls wurde das ursprüngliche Versprechen, es um 200 Millionen Euro pro Jahr aufzustocken, wieder gestrichen. Unter dem Strich dürfte für die energetischen Modernisierungen also nicht mehr Geld als bisher zur Verfügung stehen, sondern eher weniger.

Neues Mietrecht: Bisher können die Eigentümer den Aufwand für energetische Sanierung zwar weitgehend auf die Mieter umlegen, zumal die von sinkenden Heiz- und Warmwasserkosten profitieren. Jedoch gilt dies nicht, wenn die Vergleichsmieten entsprechende Erhöhungen nicht zulassen. "Es ist deshalb auch zu überprüfen, ob und wie auch die Vergleichsmietenregelung geändert werden kann", heißt es in dem Beschluss. Weitere Details sind noch offen.

Keine LKW-Maut auf Landstraßen: Die Anfang September noch beschlossene Ausdehnung der LKW-Maut auf Bundesstraßen findet sich im gestrigen Kabinettsbeschluss nicht mehr wieder. Und aus dem Versprechen, beim CO{-2}-Ausstoß besonders große Stinker schärfer zu besteuern, ist nun der allgemeine Satz geworden: "Die Bundesregierung wird prüfen, wie die KFZ-Steuer fortentwickelt werden kann." Allerdings, beim Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen, bleibt es.

Atomenergie Das Bundeskabinett hat am Dienstag das Energiekonzept mit längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke beschlossen. Sie sollen für die sieben vor 1980 ans Netz gegangenen AKW um acht, für die anderen zehn Anlagen um 14 Jahre verlängert werden. Damit würde der letzte Atommeiler nicht vor dem Jahr 2036 vom Netz gehen. (dpa)