Nussecken und Himbeereis

Er war in Mendocino, er war in Birmingham - Horst Köhler verfügt weltweit über eine hohe Reputation. Seine Art und Weise, Deutschland im Ausland - was Aussehen und Auftreten betrifft - zu repräsentieren, sorgte für einen riesigen Imagegewinn - weg vom verschnarchten, pedantischen teutonischen Finanzbeamten hin zum weltoffenen Unterhalter mit Stil.

Horst Köhler brachte - innenpolitisch gesehen - dem Deutschen seine Vergangenheit näher, ohne mahnenden Zeigefinger, eher mit munterem, aufbauenden Liedgut - in Zeiten stockender Reformen ein Charakterzug mit Perspektiven, eine Fähigkeit, verkrustete Strukturen mit einem Lächeln auf dem Gesicht und einem verschwitzten Pullunder am Leib aufzubrechen. Gestatten, Horst Köhler. Nur wenige kennen ihn unter diesem Namen. Gestatten, Horst Köhler alias Guildo Horn. Guildo wird sich in seinem Kölner Exil die Augen gerieben haben, als er zum Bundespräsidenten-Kandidaten vorgeschlagen wurde. Jahrelang führte er ein Doppelleben - übergewichtiger, langmähniger Schlagerstar auf der einen, bierernster, biederer Chef des Weltwirtschaftsfonds auf der anderen Seite - nun ist er enttarnt. Fragt sich, in welcher Rolle Horst Köhler bekannter ist. Aber nun gilt es, Synergie-Effekte zu nutzen: Die staatstragenden Reden könnte in Zukunft Stefan Raab verfassen, der bekanntlich schon seinen Weg zum Grand Prix ebnete. Um Kosten bei Staatsbesuchen zu sparen, könnten die Orthopädischen Strümpfe konzertant und kostenlos die Veranstaltungen begleiten. Und beim Sommerfest des Bundespräsidenten gibt es tausende Nussecken aus Mutter Lottis Ofen. Und da neue Besen anders kehren, wird wohl auch die Weihnachtsansprache reformiert. Stellt sich nur die Frage, welche Stiftung Guildo Köhler ins Leben ruft - was zu den, wenn auch nicht gesetzlich geregelten, staatsbürgerlichen Pflichten des Präsidenten (oder dessen Frau) zählt. Ein Aufruf zur Kleidersammlung für Bolivien wäre qua Outfit wohl das Naheliegendste, wenn es auch recht profan wäre. Zumindest das Motto seiner Amtszeit steht schon fest: "Piep, piep, ich hab' euch alle lieb." b.pazen@volksfreund.de

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