"Obama hat weniger anders gemacht, als viele es sich erhofft hatten"

Wie viel hat die Regierung Obama in ihrem ersten Jahr bewegt und wo liegen die zukünftigen Herausforderungen? Unser Mitarbeiter Kim-Björn Becker sprach mit Uwe Jun, Professor für Politikwissenschaft (Westliche Regierungssysteme) an der Universität Trier.

Trier. (kbb)

Seit einem Jahr ist US-Präsident Barack Obama im Amt. Angetreten ist er mit dem Postulat "Change", Wandel. Wie viel Veränderung hat Obama den USA und der internationalen Gemeinschaft beschert?

Jun: Obama hat weniger anders gemacht, als viele es sich erhofft hatten - vor allem diejenigen, die hohe emotionale Erwartungen in ihn gesetzt hatten. Obama hat aber gleichzeitig mehr gemacht, als manche Kritiker meinen. Auf internationaler Ebene ist er auf die Staaten zugegangen, die keine guten Beziehungen zu den USA haben, und er hat damit in den internationalen Beziehungen für mehr Entspannung gesorgt. Auf nationaler Ebene versucht er, die USA wohlfahrtsstaatlicher auszugestalten, was mit Blick auf die Gesundheitsreform deutlich wird. Und in seiner Regierungszeit ist es zu mehr Liberalität in innenpolitischen Belangen gekommen.

Kaum erhielt Obama den Friedensnobelpreis, da kündigte er an, mehr Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Und auch die Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo rückt nach dem vereitelten Terroranschlag von Detroit in die Ferne. Kann Obama die mit der Auszeichnung verbundenen Erwartungen erfüllen?

Jun: Er hat es zumindest schwer. Innere Sicherheit ist sehr wichtig, und Obama wird alles unternehmen, um den weltweiten Terror in den Griff zu bekommen. Wenn Terroristen die USA in Bedrängnis bringen, dann wird er auch deshalb handeln, um seine Wiederwahl nicht zu gefährden.

Welche werden Ihrer Einschätzung nach die größten Herausforderungen für die Regierung Obama bis zum Ende der Amtszeit in drei Jahren sein?

Jun: Zentral ist es, die Wirtschaftskrise mit den für die USA sehr hohen Arbeitslosenzahlen zu meistern. Dann wird er versuchen, die USA auf dem internationalen Parkett mehr als Zivil-, denn als Militärmacht in Erscheinung treten zu lassen. Und es muss Obama gelingen, den Terrorismus mit weniger militärischen Mitteln zu bekämpfen. Darüber hinaus gibt es auch ein ökologisches Ziel: Obama steht dort vor weiteren Herausforderungen. Und schlussendlich geht es für ihn auch im Hinblick auf bevorstehende Kongress- und Senatswahlen darum, die Machtposition der Demokraten zu verteidigen und auszubauen.

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