Obama macht Ferien: Die Sorgen fliegen mit

Mitten in der Krise Urlaub auf einem sündhaft teuren Anwesen: US-Präsident Barack Obama ist mit seiner Familie zu einem einwöchigen Urlaub auf eine Farm geflogen. Nicht alle Amerikaner scheinen dem Präsidenten diese erste "Auszeit" seiner Amtszeit zu gönnen.

Washington/Boston. Die Souvenirgeschäfte der Insel Martha's Vineyard vor der Küste des US-Bundesstaates Massachu-setts haben ihren Angestellten eine Urlaubssperre verordnet. Hektisch wurde in den Auslagen Ware platziert, die in den nächsten Tagen die Kassen klingeln lassen soll: Obama-T-Shirts, Obama-Kaffeetassen, Obama-Eiscreme, Obama-Gebäck. Ein mexikanisches Restaurant offeriert "Obamargaritas", und man stellt sich auf Verkehrsstaus und jede Menge Trubel ein.

Denn der US-Präsident hat für seinen ersten Familienurlaub seit Amtsantritt jene sandigen Ostküstenstrände gewählt, auf denen nicht nur Hollywood einst den Horror-Streifen "Der weiße Hai" in Szene setzte, sondern wo auch die Schönen und Reichen Washingtons gerne entspannen (siehe TV vom 14. August). Der Ort Oak Bluff gilt zudem traditionell als Urlaubsort wohlhabender Schwarzer. Doch bei ausgedehnten Strandspaziergängen wird man die "First Family" nebst Hund Bo wohl kaum antreffen.

Auf Anregung des Secret Service trafen die Obamas am Wochenende per Hubschrauber auf einem elf Hektar großen privaten Wassergrundstück im Westen der Insel ein - ein 20 Millionen Dollar teures Anwesen, das einem reichen Holzhändler gehört, der die gut abzuschirmende "Blue Heron Farm" für rund 25 000 Dollar pro Woche zur Verfügung stellt . Einen Teil davon zahlen die Obamas aus ihrer Tasche, den Rest übernimmt der Staat - denn Leibwächter und engste Mitarbeiter müssen schließlich auch untergebracht werden.

Analysten sehen ein "Vertrauensproblem"



Deshalb gibt es auch ein Gästehaus und die für den Preis zu erwartenden Annehmlichkeiten: Pool, Basketballplatz und eine Golfanlage, die Obama besonders intensiv nutzen dürfte - hat er doch nahezu jeden Sonntag seit der Machtübernahme auf Golfplätzen verbracht.

Die Sorgen, die zuletzt seinen Alltag in Washington prägten, nimmt Obama allerdings mit in den Urlaub. Hinter der Konjunkturerholung in den USA und der Wirksamkeit seines Ankurbelungs-Pakets stehen weiter Fragezeichen. Die Zukunft der Gesundheitsreform ist ungewiß. Sowohl im Irak wie auch in Afghanistan wagt niemand von einer überzeugenden Stabilisierung der Lage zu sprechen. Und Umfragen zeigen einen besorgniserregenden Trend: Immer weniger Amerikaner sind mit der Arbeit Obamas zufrieden. Obama habe ein "Vertrauensproblem", analysierte am Freitag der dem linken Spektrum zugerechnete Wirtschafts-Nobelpreisträger Paul Krugman. Angesichts dieser geballten Krisenherde stellen nicht wenige in der Regierungshauptstadt die Frage, ob sich Obama überhaupt Urlaub leisten sollte - zumal er an Wochenenden ohnehin selten arbeitet. Er folge wohl nur dem Wunsch von Michelle und den Töchtern, vermutet die "New York Times"-Kolumnistin Gail Collins, und wäre angesichts der Problemvielfalt wohl am liebsten zu Hause geblieben. Doch arbeiten kann der Präsident, wenn er will, auch auf Martha's Vineyard: Seine engsten Berater Valerie Jarrett und Pete Rouse machen dort zeitgleich auf eigenen Anwesen Urlaub.

Unterdessen spekulieren US-Medien wie die "New York Post" mit aller Kraft, welche Überraschungen von den Obamas während der Kurzferien zu erwarten sind. Spielt der Präsident eine Runde Golf mit Tiger Woods? Besucht er den totkranken Senator und Parteifreund Edward Kennedy, der in der Nähe lebt? Ist er Gast auf der angeblich geplanten Insel-Hochzeit von Chelsea Clinton?

Und wird Michelle Obama wieder in Shorts zu sehen sein, die zuletzt beim Verlassen des "Marine One"-Helikopters in den USA erneut für eine kurze, aber heftige Modedebatte gesorgt hatten?

Gleichzeitig appellierte das Weiße Haus an die lauernden Paparazzi. "Es ist unsere Hoffnung und unser Wunsch, dass die Privatsphäre von Sasha und Malia respektiert wird", mahnte Obama-Sprecher Robert Gibbs. Ein Anliegen, das nicht jeder Fotograf gerne erfüllen dürfte - waren doch die Obama-Töchter ein von den Eltern bewusst inszenierter, fester optischer Bestandteil bei nahezu allen Wahlkampfauftritten des Präsidenten.

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