Obama zieht Daumenschrauben gegenüber Israel an

Mit der gestern überraschend verkündeten Verschiebung der Nahost-Mission von US-Vermittler George Mitchell haben sich die Spannungen zwischen den USA und Israel noch einmal verschärft.

Washington. (die) Die US-Regierung teilte gestern mit, die Reise und der damit verbundene Besuch in Jerusalem sollten nachgeholt werden, der Termin sei allerdings noch unklar. Damit wird die Strategie von Präsident Barack Obama, der sich Berichten zufolge in die Tagesentscheidungen in diesem Konflikt eingeschaltet hat, gut erkennbar: Er will mit allen Mitteln dem wichtigsten strategischen Partner im Nahen Osten größere Zugeständnisse abringen, um den brachliegenden Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. Eines der Ziele ist dabei offenbar, Israel zur Aufgabe der Bauaktivitäten im Ostteil Jerusalems zu zwingen oder zumindest ein Einfrieren zu erreichen.

Das "Stopp-Signal" für Mitchell folgte Tagen, in denen die verbalen Attacken amerikanischer Regierungsvertreter gegenüber Israel eskaliert waren. Trotz einer Entschuldigung durch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte Hillary Clinton in enger Absprache mit dem Weißen Haus die Verkündung neuer Baupläne während des Israel-Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden als "Beleidigung" klassifiziert. Israels Chef-Diplomat in Washington, Michael Oren, sprach von der "schwersten Krise seit 35 Jahren" im beiderseitigen Verhältnis und ließ gegenüber US-Vertretern durchblicken, dass man in Jerusalem möglicherweise den für die kommende Woche geplanten Besuch Netanjahus in der amerikanischen Hauptstadt absagen werde.

Netanjahu will dort an der Jahrestagung der einflußreichen jüdischen Lobbygruppe Aipac teilnehmen. Die Befürchtung sei, dass Präsident Obama oder andere US-Regierungsspitzen Netanjahu aus dem Weg gingen und ihn damit brüskierten. In Washington heißt es wiederum, Obama sei über den Siedlungsbau-Affront extrem verärgert. Gleichzeitig sieht er den Umstand, dass sich Israel mit dem provokativen Zeitpunkt der Bauankündigung eine seltene Blöße gegeben hat.

Mittlerweile soll es Berichten zufolge Forderungen geben, mit denen US-Außenministerin Hillary Clinton ihre Gesprächspartner in Jerusalem im Auftrag Obamas konfrontiert habe. Über einen Baustopp hinaus will das Weiße Haus auch die Freilassung von Hunderten palästinensischer Gefangener sowie die Übertragung weiterer Gebiete im Westjordanland an die PLO-Behörden erreichen.

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