Ohne klare Linie

Das Dauer-Abo auf den 30-Prozent-Keller macht die Spitze der Union zunehmend nervös. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, wenn im Vorstand scharfe Worte fallen. Ganz offensichtlich tut sich die CDU mit ihrem Profil in der großen Koalition wesentlich schwerer als die Sozialdemokraten.

Das hat sicher mit dem Umstand zu tun, dass die Union über eine stattliche Riege von Ministerpräsidenten verfügt. Dagegen genießen "rote" Regierungschefs mittlerweile Seltenheitsstatus, was die Entscheidungsabläufe bei den Genossen wesentlich erleichtert. Damit ist das zerstrittene Erscheinungsbild der Union aber nicht hinreichend beschrieben. In ihren öffentlich angezettelten Debatten hat die Partei schlicht aufs falsche Pferd gesetzt. Während die Menschen einen Mangel an Gerechtigkeit beklagen, stellen die Christdemokraten die Freiheit in den Vordergrund. Der Hinweis des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, Jürgen Rüttgers, die Union müsse sich von Lebenslügen verabschieden, wonach etwa niedrige Steuern automatisch mehr Arbeitsplätze bedeuten, wurde als Nestbeschmutzung empfunden. Dabei könnte eine Diskussion darüber lohnen, weil sie unweigerlich darauf käme, für welchen Sozialstaat die Union eigentlich noch steht. In der Programmdebatte der CDU sind dazu bislang nur wohlfeile Begriffe zu hören. Von Chancengleichheit und sozialer Verantwortung ist die Rede. Bei einer Partei, die gleichzeitig einen stärkeren Druck auf Hartz-IV-Empfänger postuliert, wirkt das allerdings wenig glaubhaft. Der CDU fehlt eine klare inhaltliche Linie. Gerade deshalb ist sie im Umfrage-Tief. nachrichten.red@volksfreund.de

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