Ohne Skrupel

Schon vor dem Dienstantritt Silvio Berlusconis als Ratspräsident der Europäischen Union hatte so mancher ein mulmiges Gefühl. Er ist demokratisch gewählt, nimmt es mit den Gesetzen aber nicht so ernst, sofern sie nicht von ihm selbst durch das Parlament geboxt wurden. Es drohte ihm ein Korruptionsprozess - flugs scharte er eine Mehrheit hinter sich und ließ ein Immunitätsgesetz verabschieden. Es garantiert ihm, dass er keiner Strafverfolgung ausgesetzt ist, solange er in seinem Amt ist. Das war eine Untergrabung der Justiz, die ihr Beispiel sucht in Europa. Er hat sich eine reine Weste schaffen lassen, um mit ebensolcher die Ratspräsidentschaft antreten zu können.Dass seine eigene Bevölkerung mit dieser Art von Politik leben muss, ist klar. Schließlich wurde er von seinem Volk gewählt. Dass nun die Europäische Union mit diesem Egomanen zurecht kommen muss, ist nicht zu ändern, weil die Union eben turnusmäßig von ihren Regierungschefs geführt wird. Berlusconi ist zu Hause uneingeschränkter Herrscher. Er kennt keine Grenzen und merkt nicht, wann er den Bogen überspannt hat. Auch gestern nicht bei seiner nicht nachvollziehbaren Entgleisung. Die einzige Hoffnung ist, dass die kommenden sechs Monate einigermaßen glimpflich über die Bühne gehen. s.laemmle@volksfreund.de

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