Ole klar vorn

HAMBURG. In Hamburg fällt am Sonntag der Startschuss für den Wahlmarathon 2004. 13 Wahlen stehen an. Der Ausgang in der Hansastadt wird deshalb auch in Berlin mit Spannung erwartet.

Zum Abschluss des Hamburger Wahlkampfes schickten Union und FDP gestern noch einmal ihre erste Garnitur an die Front. CDU-Chefin Angela Merkel beschwor erneut die segensreiche Wirkung einer weiteren Regierungsperiode der Christdemokraten. Guido Westerwelle suchte derweil die unersprießlichen Umfragewerte seiner Mannen mit rosa Farbe zu übertünchen. Kein Zweifel, der Urnengang in der Hansestadt ist mehr als nur Ereignis von lokaler Bedeutung. Die vorgezogene Neuwahl bildet den Auftakt für 13 weitere Voten in diesem Jahr. Da wäre ein gutes Signal nach dem Geschmack aller Parteien. Wer am Ende als Sieger oder Verlierer vom Platz geht, ist noch nicht ausgemacht. "Die Lage wird eigentlich immer verworrener", konstatiert Krista Sager, die als grüne Fraktionsvorsitzende im Bundestag und eingefleischte Hamburgerin zahlreiche Wahlkampfauftritte in der Stadt bestritten hat. Zweifellos reichen nur einige wenige prozentuale Verschiebungen, um die unterschiedlichsten Machtkonstellationen zu erzeugen. Nur an der stärksten Partei herrscht kein Zweifel. Für die CDU mit ihrem smarten Bürgermeister Ole von Beust sagen die Demoskopen ein stabiles Hoch von 45 Prozent plus X voraus. Offenbar haben die Hamburger ihrem Stadtoberhaupt die Regierungsehe mit dem Populisten Ronald Schill verziehen. Das Bündnis im Zusammenspiel mit der FDP hatte im September 2001 die jahrzehntelange Vormacht der hanseatischen Sozialdemokraten beendet. Nach seinem Zerwürfnis mit dem einstigen "Richter Gnadenlos" im vergangen Jahr stieg von Beust zum Hoffnungsträger der Stadt auf. Und trotzdem könnte er sich auf den harten Bänken der Opposition wieder finden. Zwar ist die Hamburger SPD drauf und dran, ihr schlechtestes Wahlergebnis einzufahren. Wahlforscher sehen die Genossen gerade noch bei 30 Prozent (2001: 36,5 Prozent). Aber eine Neuauflage von Rot-Grün könnte dennoch gelingen, wenn die Ökos, die sich in Hamburg GAL nennen, ihr Potenzial voll ausschöpfen. Gegenwärtig werden sie mit 13 Prozent der Stimmen gehandelt. Wochenlang hatte Ole von Beust auf eine absolute Mehrheit gesetzt. Doch inzwischen scheint einigen in der CDU zu dämmern, dass es womöglich doch nicht ohne die Liberalen geht. Genau auf diese Einsicht hofft die FDP, weshalb sie auch schon eine massive Leihstimmenkampagne in Gang gesetzt hat. Liberale werben mit CDU-Kandidat

Selbst vor blau-gelben Wahlplakaten mit dem Konterfei von Beusts schreckte man nicht zurück. Die drohende politische Bedeutungslosigkeit wiegt eben stärker als der Schwur der Bundespartei von der eigenständigen politischen Kraft. In den Umfragen dümpeln die Liberalen nur zwischen drei und vier Prozent herum. Bleiben sie außen vor, wäre der Profilierungsdruck bei der anstehenden Kür eines bürgerlichen Präsidentschafts-Kandidaten um so größer. Eine Einigung zwischen Merkel und Westerwelle auf einen gemeinsamen Personalvorschlag stünde dann unter einem schlechten Stern. Unklar ist auch noch, ob Ronald Schill mit seiner Parteineugründung "ProDM/Schill" abermals in die Hamburger Bürgerschaft einziehen kann. Die Demoksopen sehen seine Truppe zwar nur bei drei Prozent. Doch Überraschungen sind nicht ausgeschlossen, weil rechte Wähler in Umfragen nicht immer ihre Neigung preisgeben. Gelingt Schill das schier Unmögliche, wäre auch eine schwarz-grüne Konstellation denkbar. In der Berliner Parteizentrale der Grünen werden solche Überlegungen aber als "akademische Debatte" abgetan. Derweil scheint der Bundeskanzler nicht auf ein rot-grünes Wunder zu hoffen. Bei der Neuwahl gehe es vor allem um Hamburg, sie werde nicht bundespolitisch entschieden, ließ Gerhard Schröder wissen. So redet man Niederlagen klein.

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