Panama-Papiere elektrisieren Berliner Politik

Berlin · Wer Geld weit weg ins Ausland schaffen will, braucht dafür Banken. Haben deutsche Geldhäuser in Panama ihre Finger mit im Spiel? Die Regierung will bei Briefkastenfirmen genauer hinschauen - der Opposition reicht das nicht.

Berlin. Nach den Enthüllungen über massenweise Geschäfte mit Briefkastenfirmen in Panama drohen deutschen Banken rechtliche Konsequenzen. Zugleich kündigte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) gestern die Einführung eines "Transparenzregisters" an.
Nach europäischem Recht ist die Bundesregierung dazu allerdings ohnehin verpflichtet. Aus den sogenannten Panama-Papieren, die auf ein Datenleck einer Kanzlei in dem mittelamerikanischen Land zurückgehen, wurden gestern weitere Details bekannt. Demnach haben in den letzten Jahren mindestens 28 deutsche Banken die Dienste jener Kanzlei genutzt und mehr als 1200 Briefkastenfirmen gegründet oder für ihre Kunden verwaltet. Allein die Deutsche Bank setzte bis 2007 über 400 solche Firmen auf. Sie sind zwar prinzipiell legal, können aber auch der Geldwäsche und illegalen Steuervermeidung dienen. Die eigentlichen Besitzer bleiben bei solchen Konstrukten im Dunkeln. Laut Datenlage hätten "mehrere Tausend Deutsche" die Briefkastenfirmen genutzt, schrieb die Süddeutsche Zeitung.
Die brisanten Informationen versetzten gestern auch die Berliner Politik in Betriebsamkeit. Bei einem kurzfristig anberaumten Pressetermin drohte Justizminister Maas den Banken mit rechtlichen Konsequenzen. "Wer sich da etwas zuschulden hat kommen lassen, der wird sich vor einem deutschen Gericht verantworten müssen", sagte der SPD-Politiker. Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, verwies jedoch auf Schwierigkeiten bei der Strafverfolgung. "Allein das bloße Errichten einer Briefkastenfirma ist nicht strafbar. Schon gar nicht, wenn sie etwa nach pana maischem Recht gegründet wird. Strafbar ist nur, wenn das panamaische Konstrukt dazu dient, in Deutschland Steuern zu hinterziehen", erläuterte Eigenthaler gegenüber unserer Zeitung. Hier müsse man schauen, ob eine deutsche Bank vorsätzlich Beihilfe geleistet hat. Nach geltendem Recht muss dazu der konkrete Bankmitarbeiter benannt werden, der vorsätzlich den Hinterziehungswillen seines Kunden gefördert hatte. Das sei jedoch schwierig nachzuweisen, so Eigenthaler.
Aus der SPD wurde deshalb die Forderung nach einer Änderung des Unternehmensstrafrechts laut. In Zukunft müssten nicht nur einzelne Bank-Mitarbeiter haftbar gemacht werden können, sondern auch die Geldhäuser selbst, meinte Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel.
Praktisch schon beschlossen ist indes die gestern von Maas ebenfalls angekündigte Einführung eines "Transparenzregisters", in dem die wirtschaftlich Berechtigten von Briefkastenfirmen aufgeführt werden müssen. Ein solches Register verlangt eine EU-Richtlinie von allen Mitgliedstaaten. Die Vorschrift trat bereits Mitte des vergangenen Jahres in Kraft. Der grüne Finanzexperte Gerhard Schick kritisierte es deshalb als "wohlfeil, wenn Maas nun so tut, als sei das seine Initiative gewesen".
Für Deutschland selbst ist dieses Register nach Einschätzung von Experten ohnehin nur von symbolischer Wirkung. Denn deutsche Briefkastenfirmen im Inland sind nicht bekannt, und im Ausland gegründete Firmen können von dem Register nicht erfasst werden. Maas hofft aber auf eine Vorbildwirkung: Wer mehr Transparenz für andere Staaten fordere, müsse die entsprechenden Regeln zuerst bei sich einführen, meinte der Minister. Ebenfalls schon vor den Enthüllungen der "Panama-Papiere" wurde international ein verstärkter Datenaustausch bei Geldgeschäften vereinbart. Ab 2017 müssen Banken Kontenbewegungen schärfer prüfen. Weil es sich bei Briefkastenfirmen häufig um Schwarzgeldkonten handele, müssten solche Fälle mit in den Datenaustausch aufgenommen werden, erklärte Steuergewerkschafts-Chef Eigenthaler.
Extra

Die panamaische Kanzlei Mossack Fonseca steht im Zentrum der Enthüllungen der Panama-Papers. Das Unternehmen soll zahlreichen Politikern, Sportlern und Prominenten dabei geholfen haben, ihr Vermögen in Briefkastenfirmen zu parken. Die Kanzlei gründet Kapitalgesellschaften in Belize, den Niederlanden, Costa Rica, Großbritannien, Malta, Hong- kong, Zypern, den Britischen Jungfern-Inseln, Bahamas, Panama, Anguilla, den Seychellen, Samoa und den US-Bundesstaaten Nevada und Wyoming. Diese verkauft sie vor allem an Zwischenhändler, meist Banken, Anwälte, Treuhänder oder Vermögensberater, die sie an ihre Endkunden weitergeben. Bislang hat Mossack Fonseca nach eigenen Angaben über 240 000 Gesellschaften gegründet. Sie nutzt dafür niedrige Steuersätze in bestimmten Ländern und für ihre Kunden günstige Doppelbesteuerungsabkommen aus. Die Kanzlei bietet auch Verwaltungsdienstleistungen für die Kapitalgesellschaften an. Als Geschäftsführer zahlt sie beispielsweise die jährliche Registergebühr. Der eigentliche Besitzer der Gesellschaft bleibt anonym. Nach eigenen Angaben überprüft Mossack Fonseca mit erheblichem Aufwand seine Kunden im Rahmen eines Due-Diligence-Verfahrens, um schwarze Schafe auszusortieren. Außerdem müssten sich die Klienten verpflichten, gegen sie gerichtete Ermittlungen zu melden. dpa

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