Parlamentswahlen in Frankreich: Mehrheit für den Präsidenten

Paris · Gut einen Monat nach den Präsidentschaftswahlen wird in Frankreich ein neues Parlament gewählt. Die Abstimmung, die über die neue Nationalversammlung entscheidet, findet in zwei Runden am kommenden Sonntag und am 18. Juni statt. Für Präsident Emmanuel Macron ist das Ergebnis entscheidend, da er nur mit einer Mehrheit seine Reformen umsetzen kann.

Wer wird gewählt?
Alle 577 Abgeordneten der Nationalversammlung werden neu gewählt. Mehr als ein Drittel der Parlamentarier tritt nicht mehr an, so dass sich die Besetzung des "Palais Bourbon" stark verändern wird. Vor allem die Kandidaten von Macrons Partei La République en Marche (LREM) dürften frischen Wind in die Assemblée Nationale bringen, denn die Hälfte der Bewerber sind Vertreter der Zivilgesellschaft. Unter den Kandidaten sind der bekannte Untersuchungsrichter Eric Halphen und der Mathematiker Cédric Villani.

Wie läuft die Wahl ab?
In die zweite Wahlrunde kommt, wer mehr als 50 Prozent der Stimmen von mehr als 25 Prozent der Wahlberechtigten erhält. Falls keiner der Kandidaten das schafft, qualifizieren sich alle Bewerber mit mehr als 12,5 Prozent der Wahlberechtigten. In der Stichwahl finden sich da dann oft drei Kandidaten wieder. Diese Dreieckskonstellationen können zu Allianzen gegen den rechtspopulistischen Front National (FN) führen. LREM kündigte bereits den Rückzug ihrer Bewerber an, wenn ein Konkurrent besser platziert ist, um den Front National (FN) zu schlagen. Bei den konservativen Republikanern zeigte sich Wahlkampfleiter François Baroin ebenfalls zu einer solchen "republikanischen Front" gegen den FN bereit. Eine Entscheidung soll aber erst nach der ersten Runde fallen. Richtig spannend wird es also erst in der zweiten Runde, wo dann für einen Sieg die relative Mehrheit reicht.

Wer ist Favorit?
Eine Ipsos-Umfrage sagt Macrons LREM zusammen mit seinem Koalitionspartner, der Zentrumspartei Modem, mehr als 385 Sitze voraus. Damit würden die beiden Parteien die absolute Mehrheit schaffen, die bei 289 Sitzen liegt. Die Republikaner würden mit mindestens 105 Sitzen die stärkste Oppositionskraft. Allerdings wäre das Ergebnis für die Konservativen ein Debakel, denn die Partei von Nicolas Sarkozy hatte bisher immer über 150 Sitze. Eine noch größere Katastrophe sagt Ipsos den Sozialisten voraus, die bisher die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung hatten. Sie können nur noch mit 25 bis 35 Sitzen rechnen. Damit liegen sie nur knapp vor La France Insoumise (FI), der Partei des Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon, die zusammen mit den Kommunisten bestenfalls 22 Sitze gewinnen könnte.

Wie sind die Aussichten für den FN?
Marine Le Pen hatte am Abend der Präsidentenwahl angekündigt, stärkste Oppositionspartei in der neuen Nationalversammlung werden zu wollen. Dieses Ziel wird die Rechtspopulistin allerdings klar verfehlen, denn Umfragen sagen ihr nur fünf bis 15 Sitze voraus. Damit könnte Le Pen den Fraktionsstatus verpassen, der bei 15 Sitzen liegt. In jedem Fall wird die Partei ihr Ergebnis von 2012 verbessern, als sie nur zwei Abgeordnetensitze gewann. Die Parteichefin selbst kandidiert in der ehemaligen Bergarbeiterstadt Hénin-Beaumont, wo sie 2012 nur knapp gegen den sozialistischen Kandidaten verlor.

Wo wird es besonders spannend?
Neben Hénin-Beaumont gibt es noch andere Wahlkreise, auf die die Franzosen besonders gespannt schauen. So bewirbt sich in der Essonne südlich von Paris der frühere Regierungschef Manuel Valls, der eigentlich für LREM antreten wollte. Da er aber von der Partei abgelehnt wurde, kandidiert er nun als Vertreter der Macron nahestehenden "Präsidentenmehrheit". Er könnte aber von einer Linksaußen-Kandidatin geschlagen werden. Fürchten muss auch der ursprünglich konservative Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, der nach seinem Wechsel in die Regierung von den Republikanern ausgeschlossen wurde. Er tritt nun für LREM in seinem Wahlkreis in der Eure, westlich von Paris, an. Spannend wird es in Paris, wo Macrons junger Staatssekretär Mounir Mahdjoubi im 20. Stadtbezirk den sozialistischen Parteichef Jean-Christophe Cambadélis herausfordert.

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