Patienten müssen sich daran gewöhnen

TRIER/BERLIN. Die Ärzte geben nicht auf. Sie wollen weiter gegen die Gesundheitsreform kämpfen. Mit einem Fortbildungstag haben gestern in Trier knapp 300 Mediziner gegen rückläufige Honorare protestiert.

Die Ärzte geben sich kämpferisch. Das werde nicht das letzte Mal sein, dass Praxen geschlossen blieben: "Wir kämpfen weiter gegen die Reform", kündigt Karl Heinz Müller, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz, an. Die Forderung der Ärzte ist eindeutig: "Weg mit dem Gesetz." Das trifft die aufgeheizte Stimmung der frustrierten Mediziner. Lauter Beifall für Müller. In Mainz, wo er seine Kampfansage an Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hält. In Trier, wo sich in der KV-Filiale knapp 300 Ärzte mit ihren Arzthelferinnen versammelt haben und dort auf Bildschirmen und Leinwänden, die leicht verzerrte Internet-Übertragung anschauen, genau wie in Neustadt und in Koblenz. Offiziell lassen sie sich an diesem bundesweiten Protesttag fortbilden: "Ich muss mich doch über die Änderungen, die die Reform bringt, informieren", begründet ein Hausarzt, warum er den Tag in der Trierer KV verbringt. Rund 1500 Praxen im Land bleiben an diesem Tag zu. Auch in anderen Bundesländern gehen niedergelassene und Krankenhaus-Ärzte gemeinsam mit Apothekern auf die Straße. In Nordrhein-Westfalen ist jede zweite Praxis dicht. Die Wut bei den Ärzten ist groß. Immer wieder ist bei der aus Mainz übertragenen Gesprächsrunde von einem "linkspopulistischen Machwerk" die Rede. Kein leichter Stand für den Arzt und Vize der CDU-Landtagsfraktion. Er macht sich gar nicht erst die Mühe, die Reform zu verteidigen. Das sei nicht der große Wurf, und seine Parteifreunde in Berlin müssten endlich den Mut haben, den Patienten zu sagen, dass sie mehr zahlen müssten für gleiche Leistung. Die Reform bringe den Ärzten nichts Gutes, sagt auch Burkhard Zwerenz, Arzt aus Prüm und Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Hausärzteverbandes, bei dem Expertengespräch in Mainz.Ärzte wollen weg vom Punktesystem

Die Ärzte wollen endlich weg von dem komplizierten Punktesystem bei der Honorierung, fordern stattdessen eine Entlohnung in Euro und Cent. Die Gesundheitsreform sieht eine Änderung des Honorarsystems vor - aber erst ab 2009. Gerade mal 75 Cent bekomme er für die Behandlung eines gesetzlich Versicherten, sagt ein Trierer Hausarzt. Ohne Privatpatienten gehe in seiner Praxis, die er zusammen mit seiner Frau betreibt, nichts, sagt er. 15 Prozent seiner Patienten seien privat versichert: "Sie sichern 80 Prozent unseres Einkommens." Noch. Denn die Reform will die privaten Krankenversicherungen dazu verpflichten einen günstigen Basistarif für alle Bürger anzubieten. Die Ärzte fürchten, dass ihnen dadurch weitere Honorare verloren gehen. 2800 Euro bliebe ihm nach Abzug von Altersvorsorge und Krankenversicherung noch übrig, rechnet ein Hausarzt aus der Nähe von Trier vor. Das stehe nicht im Verhältnis zum Risiko eines Arztes und zu der langen Ausbildung, sagt er - und ist damit nicht der einzige. Ärzte gehörten zu den obersten zehn Prozent der Einkommensbezieher in Deutschland, sagt hingegen die SPD. Daher hätten sie auch keinen Grund zu jammern und Patienten in Geiselhaft zu nehmen, echauffiert sich Gesundheitsministerin Schmidt. Sie geht auf Konfrontation mit den Medizinern. Sie gingen nur auf die Straße, weil sie mehr Geld wollten, Sparvorschläge oder Ideen für eine bessere Patientenversorgung hätten sie aber nicht. Mit solchen Protesttagen soll den Patienten klar gemacht werden, was auf sie zukomme, argumentiert ein Internist aus Trier. Der Staat greife künftig durch die einheitliche Beitragsfestlegung massiv in die Medizin ein. Es werde noch weniger Honorar geben, immer mehr Praxen würden in den Ruin getrieben: "Patienten müssen sich eben daran gewöhnen, dass sie länger auf Behandlungen warten müssen."

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