Pauschale pro Haushalt und Betrieb für Fernsehen und Radio?

Fernsehzuschauer und Radiohörer müssen künftig eventuell keine Gebühren mehr pro Gerät bezahlen, sondern eine pauschale Abgabe pro Haushalt und Betrieb. Damit wären auch Computer und Handys erfasst.

Mainz. Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erfolgt in Deutschland nach einem europaweit einzigartigen System. Seit 1976 erhebt die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) mit Sitz in Köln Gebühren pro Empfangsgerät. Der Beitrag für ein Radio und einen Fernseher kletterte Anfang des Jahres auf das Rekordniveau von 17,98 Euro monatlich. Laut ihres Geschäftsberichtes 2008 nahm die GEZ im vergangenen Jahr 7,26 Milliarden Euro ein. Davon bekam die ARD 5,35 Milliarden und das ZDF 1,73 Milliarden. 42,5 Millionen Menschen mussten zahlen, drei Millionen (etwa Empfänger von Arbeitslosengeld II) waren von der Gebührenpflicht befreit.

Die Möglichkeiten der Anstalten, Gebührenpotenziale zu erschließen, gelten jedoch als erschöpft. Die Wirtschaftskrise habe zu Ausfällen geführt, die Befreiungsquote steige, sagt Walter Schumacher, Sprecher der Landesregierung. Bis 2020 werde mit Mindereinnahmen von einer Milliarde Euro gerechnet.

Ministerpräsidenten entscheiden im Juni 2010



Ende Oktober diskutierten die Ministerpräsidenten bei ihrer Jahreskonferenz in Mainz über eine Reform des Systems. Grundlage war ein Bericht der Rundfunkkommission der Länder, deren Vorsitzender Martin Stadelmaier (SPD), Chef der Mainzer Staatskanzlei, ist. Bei einer Sonderkonferenz im Juni 2010 soll das Problem gelöst und ein Staatsvertrag unterzeichnet werden, so dass eine Neuregelung zum 1. Januar 2013 in Kraft treten kann. Laut Stadelmaier gibt es noch keine Vorentscheidung.

Gleichwohl zeichnet sich aufgrund der sinkenden Akzeptanz der Gerätegebühr, der ständigen Kritik an den GEZ-Kontrollen und des kaum zu meisternden Problems, dass im Internet-Zeitalter schon auf vielen Computern und Handys ferngesehen werden kann und somit eine Ausweitung des Kreises der Gebührenzahler droht, eine Präferenz für eine pauschale Abgabe ab.

ARD und ZDF beauftragen Gutachten bei Kirchhoff



Verfassungsrechtlich werden gegen dieses Modell keine Bedenken gesehen. Einigkeit besteht darin, dass weiterhin nicht mehr als 17,98 Euro monatlich zu zahlen sein sollen. Haushalte und Betriebe, die keinen Rundfunk empfangen, sollen trotzdem zur Zahlung verpflichtet werden. Was unter Haushalten und Betrieben zu verstehen ist, müsse noch exakt definiert werden, heißt es in einem dem TV vorliegenden Ergebnisprotokoll.

ARD und ZDF pochen darauf, dass unabhängig vom Modell ihr von der Gebührenkommission KEF ermittelter Finanzbedarf gedeckt wird. Sie sind gegenüber der Haushaltsabgabe skeptisch und haben ein Gutachten bei Professor Paul Kirchhoff beauftragt. Vertreter des privaten Rundfunks und Fernsehens hoffen indes, dass durch eine Haushaltsabgabe der Finanzbedarf der Öffentlich-Rechtlichen leichter gedeckelt werden kann.

Sollten sich die Regierungs-Chefs der Länder bei der Reform auf eine pauschale Medienabgabe einigen, könnte dies das Aus für die GEZ bedeuten. Diese Einrichtung mit 1100 Mitarbeitern kostete im vergangenen Jahr 164 Millionen Euro und damit fast so viel, wie das Deutschlandradio (183 Millionen) bekam. Zum Vergleich: Der Südwestrundfunk (SWR) erhielt knapp 980 Millionen Euro, der Saarländische Rundfunk (SR) 66,5 Millionen.

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