Peinliches Gejammer

Unsere Sozialsysteme platzen aus allen Nähten, deshalb hat Kanzler Schröder die Abspeck-Kur "Agenda 2010” verordnet. Gleichzeitig versucht die Bundesregierung in ihrer Not, noch unentdeckte Finanzierungsquellen zu orten und abzuschöpfen. Beide Vorhaben sorgen für Ärger, da die Reform-Notwendigkeit in allgemeiner Form zwar gesehen, bei persönlicher Betroffenheit aber oft nicht akzeptiert wird. Jetzt sollen also Akademiker, im Interesse einer stabileren Rente, dreifach zur Kasse gebeten werden: Durch höhere Beiträge (steigende Bemessungsgrenze); durch den Zwang zur Privatvorsorge; und durch Aberkennung der Ausbildungszeiten. Ferner sollen Kinderlose einen höheren Beitrag zur Pflegeversicherung zahlen. Dies leite sich aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ab, heißt es zur Begründung. Beide Maßnahmen mögen problematisch sein, aber sie sind eher richtig als falsch: Zwar haben Studierende im Vergleich zur "Arbeiterklasse” keine Chance, Rentenansprüche zu erwerben, doch verfügen sie später in der Regel über ein deutlich höheres (also Renten steigerndes) Einkommen. Das Geschrei der "Bildungsexperten” ist deshalb peinlich: Wer tatsächlich wegen einer etwas geringeren Rente auf ein Studium verzichten sollte, dem ist eh nicht mehr zu helfen. Ähnliches gilt für die Belastung der Kinderlosen: Drei Euro zusätzlich für die Pflege machen niemanden arm, stabilisieren aber ein soziales System, um das uns die Welt beneidet. nachrichten.red@volksfreund.de

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