Personaldebatte, nächster Akt

TRIER. Die Kandidatensuche bei der Landes-CDU schlägt auch im Partei-Bezirk Trier Wellen: Nachdem der Vorsitzende Peter Rauen offen für einen Rücktritt des Landes-Chefs Christoph Böhr von der Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2006 eingetreten ist, sieht sich Rauen nun seinerseits Rücktrittsforderungen gegenüber.

36 Teilnehmer in der Fraktionssitzung, 31 Wortmeldungen, 19 klar für Christoph Böhr, vier dagegen, der Rest mit einem eher allgemeinen Plädoyer für das längst verabschiedete Verfahren bei der Kandidatensuche. Das ist in aller Kürze das Ergebnis der gestrigen, mit Spannung erwarteten Sitzung der CDU-Fraktion im Mainzer Landtag. Für die Spannung hat die CDU selbst gesorgt mit einem Brief der drei Bezirksvorsitzenden Joachim Hörster, Kurt Lechner und Peter Rauen. Darin haben sie die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse als Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2006 ins Spiel gebracht (der TV berichtete). Der Schönheitsfehler: Lohse will nur antreten, wenn Böhr nicht antritt, scheut also die Kampfkandidatur. Nach monatelanger Suche ist die Lohse-Variante bisher das einzige Ergebnis der von Böhr-Kritikern angekündigten Gegenkandidaten-Präsentation."Die aus der Partei an uns herangetragene Bitte, uns des Vorgangs anzunehmen, entsprang nicht zuletzt dem verbreiteten Wunsch, eine streitige, möglicherweise Gräben aufreißende Auseinandersetzung zu vermeiden und zusammen mit dem Landesvorsitzenden, Dr. Christoph Böhr, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen", erklärten die Bezirksvorsitzenden in einem Brief an die Kreisvorsitzenden im Land zu ihrere Motivation - und erreichten offenbar genau das Gegenteil. Denn die Partei ist zerstritten wie selten. Und die Böhr-Unterstützer schlagen nun zurück und sägen ihrerseits an den Stühlen der Bezirksvorsitzenden - auch an dem des Trierer Chefs Peter Rauen."Über einen Rücktritt nachdenken"

Der parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Herbert Jullien fordert Joachim Hörster (Bezirk Koblenz) und Peter Rauen gestern auf, nach ihrem Brief "über Konsequenzen nachzudenken und eventuell über einen Rücktritt". Der Koblenzer Bezirksvorstand habe erst kürzlich getagt. Von einer Unterstützung Lohses sei nie die Rede gewesen. "Wir kommen uns verarscht vor", sagt Jullien gegenüber dem TV . Ähnlich ist die Stimmung im Bezirk Trier, vor allem bei den erklärten Böhr-Freunden. "Über diesen Brief wird bei der nächsten Bezirksvorstandssitzung zu reden sein", sagt der Trierer CDU-Vorsitzende Ulrich Holkenbrink. "Da wird Tacheles geredet", meint der Dauner Landtags-Abgeordnete und Kreisvorsitzende Herbert Schneiders. Der Bezirksvorstand habe sich bis heute nicht mit der Kandidatenfrage beschäftigt. Da sei der Brief mit der Lohse-Empfehlung nichts anderes, als "der Versuch, Christoph Böhr sturmreif zu schießen". Rauens Verhalten sei "unmenschlich und unverschämt", sagt Schneiders. Er schließe nicht aus, dass es im Bezirksvorstand Rücktrittsforderungen an Rauen gebe, und wenn dem so sei, "schließe ich mich an". Rauen werde "einiges erklären müssen", meint auch der Landtagsabgeordnete Dieter Schmitt (Fisch). Dass auch der Landtagsabgeordnete Michael Billen, CDU-Chef in Bitburg-Prüm, sich Rücktrittsforderungen anschließen würde, liegt auf der Hand. Billen, der Rauen ohnehin den Bezirksvorsitz streitig machen will, spricht angesichts der Lohse-Präsentation von einer "menschlichen Sauerei ohnegleichen" und wirft Rauen "Amtsmissbrauch" vor. Für Spannung bei der nächsten Bezirks-Vorstandssitzung, die für den 17. September vorgesehen ist, dürfte angesichts derartiger Kampfansagen also gesorgt sein. Auch wenn auf der Ebene unterhalb der Abgeordneten versucht wird, das Thema niedriger zu hängen.Bezirksparteitag erst nächstes Jahr

So meint etwa Günther Schartz, Kreisvorsitzender in Trier-Saarburg, es sei ja ein offenes Verfahren bei der Kandidatensuche beschlossen worden. Da könne doch auch jeder in der CDU Vorschläge machen. Am Brief der Bezirks-Chefs hat er folglich nichts auszusetzen, eine Personaldiskussion über Peter Rauen hält er für überflüssig.Dennoch dürfte - egal wie die Kandidatenentscheidung auf Landesebene am 12. November ausfällt - dem Bezirk Trier eines nicht gelungen sein: Den Streit um Böhr vom Streit um Rauen abzukoppeln. Frühestens Anfang nächsten Jahres sei ein Bezirksparteitag möglich, meint Michael Billen. Wenn die Kandidatenfrage im Land gelöst ist, könnte also eine monatelange Debatte um Billen oder Rauen auf Bezirksebene folgen. Dass die CDU damit und mit der derzeitigen Diskussion alles andere als geschlossen wirkt, ist es wohl, was die CDU-Politiker am meisten ärgert: "Ein Verlierer steht schon fest: die Christlich Demokratische Union", sagt Billen. Und Schmitt ergänzt: "Wir schädigen uns mehr als das die SPD jemals könnte."

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