Pfand ist Pfand - oder?

Trier · Sie landen beide im gleichen Pfandautomaten: die nicht verwertbare Sprudelflasche und die Kiste Bier. Den meisten Verbrauchern ist es egal, ob die Plastikflasche schließlich im Müll landet und die Bierflaschen wiederverwendet werden. Umweltschützer fordern daher: Schluss mit dem Pfandchaos.

Trier. "Der Anteil der in Mehrweggetränkeverpackungen abgefüllten Getränke soll gestärkt … werden." Das ist der Satz im Entwurf für die neue Verpackungsverordnung des Bundesumweltministeriums, der Umweltschützer empört. Wie hoch der Anteil der von Mehrweggetränkepackungen zukünftig sein soll, steht in dem Gesetzentwurf nicht mehr.
"Die Zukunft des deutschen Mehrwegsystems für Getränkeverpackungen steht auf dem Spiel", befürchtet die Deutsche Umwelthilfe. Bislang gilt die Vorgabe, dass 80 Prozent der verkauften Getränkeverpackungen mehrmals wieder benutzt werden sollen. Dass sollte mit der Einführung des sogenannten Dosenpfandes 2004 erreicht werden.
Auf alle Plastik- und Glasflaschen sowie Dosen, die nach dem Gebrauch entsorgt werden müssen, ist ein deutlich erhöhtes Pfand von 25 Cent je Flasche fällig. Doch die Verbraucher hält das nicht davon ab, vermehrt zu eben jenen Einwegverpackungen zu greifen. Was wohl auch damit zu tun hat, dass Discounter ausschließlich Einweg-Getränke verkaufen und die Preise dafür trotz Pfands günstiger sind als die etwa für Sprudel in der Mehrwegflasche.
Mehrweganteil sinkt



Zahlen des Bundesumweltministeriums belegen, dass seit Einführung des Einwegpfands der Mehrweganteil kontinuierlich zurückgegangen ist. Bei Mineralwasser ist er zwischen 2004 und 2014 von 68,2 auf 40,8 Prozent gesunken. Bei Erfrischungsgetränken wie etwa Apfelschorle gab es einen Rückgang von 63 auf 29,7 Prozent. Vergleichsweise konstant ist der Mehrweganteil noch beim Bier. Er lag 2004 bei 87,8 und zehn Jahre später bei 83,6 Prozent. Insgesamt ist die Quote von Mehrweg in dieser Zeit jedoch deutlich geschrumpft, von 66,3 auf 45,1 zurückgegangen. Immer mehr Getränkehersteller verbannen zunehmend Mehrwegflaschen aus ihrem Sortiment. So hat etwa Coca Cola neben der 1,5-Liter-Mehrweg-Plastik-Flasche (die sogenannte Pet-Flasche) auch die Halb-Liter-Mehrwegflasche aus den Supermarktregalen genommen und setzt stattdessen auf Einwegflaschen. Und den meisten Verbrauchern dürfte das gar nicht auffallen, sehen die Flaschen genauso aus wie vorher.
Nur dass eben 25 statt 15 Cent Pfand fällig werden. Doch selbst das ist für Getränkekäufer kein Grund, von den umweltschädlichen Einwegverpackungen die Finger zu lassen. Sie bringen sie zusammen mit der Bierkiste zum Pfandautomaten.
Während der Kasten unten auf dem Förderband des Automaten verschwindet, wird oben in das Loch die Einwegflasche eingeschoben. Beides landet im gleichen Pfandautomaten, für beides gibt es Pfand. Also wo liegt der Unterschied, dürften sich die Verbraucher fragen. Um ihnen künftig eben diesen deutlicher zu machen, sieht der Entwurf zur Verpackungsverordnung vor, dass künftig an den Getränkeregalen deutlich gekennzeichnet wird, ob der Sprudel in der Einweg- oder in der Mehrwegflasche angeboten wird und wie hoch das Pfand ist.
EU blockt ab


Die EU-Kommission hält das allerdings für einen unzulässigen Eingriff in den Binnenmarkt und lehnt die Kennzeichnungspflicht daher ab. Zwar sind Einweggetränkeverpackungen bereits jetzt schon mit einem entsprechenden Logo und dem Aufdruck gekennzeichnet. Doch die Verbraucher unterscheiden eben nicht zwischen den verschiedenen Pfandsystemen. Hinzu kommt, dass es etliche Ausnahmen von der Pfandpflicht gibt.
So ist für Saft kein Pfand fällig, ebenso wenig für Heilwasser. Viele Hersteller umgehen die Pflicht etwa für Schorle, in dem sie den Anteil von Saft erhöhen, den von Mineralwasser niedriger machen. Dann gilt das Getränk nicht mehr als Schorle, sondern als Saft mit einem Spritzer Mineralwasser und ist damit befreit von der Pfandpflicht.
Daher fordern Umweltschützer Schluss zu machen mit den Ausnahmen bei der Pfandpflicht. Sie wollen auch auf Säfte Pfand erheben. Außerdem soll es auf Einweggetränkeverpackungen künftig eine Art Zwangsabgabe von mindestens 20 Cent zusätzlich zum Pfand geben. Das fordert auch die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne) im TV-Interview (siehe auf dieser Seite). Viele Verbraucher in der Region umgehen die Pfandpflicht, indem sie Getränke in Luxemburg einkaufen. Gerade grenznahe Tankstellen werben damit, dass für Bier- oder Coladosen kein Pfand fällig ist. Und wer sich dort umschaut, sieht dass die Tankstellenbetreiber, aber auch Bierhersteller wie Bitburger einen nicht unerheblichen Umsatz mit den Einweggetränken machen dürften.
Ab in den Müll


Die leeren Dosen und Plastikflaschen landen im Idealfall im Müll, entweder in Luxemburg oder eben in Deutschland. Das macht sich auch an der Abfallmenge im Nachbarland bemerkbar. 653 Kilo Müll pro Einwohner wird in Luxemburg produziert. In Deutschland sind es 617 Kilogramm. Während hierzulande aber fast zwei Drittel des Mülls wiederverwertet werden, sind es in Luxemburg lediglich 30 Prozent.

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