Die Politiker der Parteien mit dem C im Namen haben sicherlich einen gewissen Vorteil, was ihren Glauben betrifft. Aber auch viele Kollegen von SPD, FDP und Grünen schicken manches Stoßgebet nach oben, und das nicht nur vor Wahlen oder wichtigen Abstimmungen. Einige von Ihnen geben jetzt Einblick in ihr christliches Seelenleben: in der "Politikerbibel", die von den Prälaten Karl Jüsten (katholisch) und Stefan Reimers (evangelisch) herausgegeben wurde. Gestern wurde das kleine Werk, in dem 56 Politiker ihre Lieblingsstelle in der Bibel aufgeschrieben haben, vorgestellt. Erstaunliches kam da zu Tage, denn wer hätte etwa der oft kühl wirkenden CDU-Vorsitzenden Angela Merkel zugetraut, sich ausgerechnet am 1. Korintherbrief des Apostels Paulus zu erwärmen: "Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, aber die Liebe ist die größte unter ihnen." Etwas schüchtern sagte die Pfarrerstochter dazu auf Reimers Bitte um Erklärung, dieser Satz sei der "Schlüssel zur ganzen Bibel", denn Liebe sei die "entscheidende Kraft, ohne die unser Leben arm, ziellos und ohne Perspektive ist". Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat gleich den ganzen Psalm 23 aufgeschrieben ("Der Herr sei mein Hirte, mir soll an nichts mangeln."), der ihn durch das "tiefe Vertrauen, das hier zum Ausdruck kommt", beeindruckt. Interessant sicherlich, was CSU-Chef Edmund Stoiber am besten gefällt an Gottes Wort. Er hat Matthäus 7,12 gewählt: "Alles, was ihr vom anderen erwartet, das tut auch ihnen." Aufschlussreich auch die Lieblingsstelle des Kanzlers, dessen Glauben nach eigenen Worten durchaus verbesserungswürdig ist. Gerhard Schröder, der gerade ein russisches Waisenkind adoptierte, ist von Matthäus 18,5 angetan: "Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf." Übrigens: Die für Politiker vielleicht treffendste Bibelstelle - "Auge um Auge, Zahn um Zahn" - hat niemand zitiert. "Politikerbibel", Friedrich Wittig Verlag, 9,90 Euro.