Politischer Eiertanz

Sollte die Union im Herbst die Bundestagswahl gewinnen, wird die Mehrwertsteuer erhöht. Das scheint Fakt – und auch der politische Eiertanz, der in diesen heißen Tagen von Unionspolitikern veranstaltet wird, lässt daran keinen Zweifel.

Sollte die Union im Herbst die Bundestagswahl gewinnen, wird die Mehrwertsteuer erhöht. Das scheint Fakt – und auch der politische Eiertanz, der in diesen heißen Tagen von Unionspolitikern veranstaltet wird, lässt daran keinen Zweifel. Der halbherzige und erfolglose Versuch von Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel, ihren Parteisoldaten einen "Maulkorb" zu verpassen, brachte nichts, gehört aber in einer solchen Gemengelage durchaus zum politischen Kalkül: Unpopuläre Entscheidungen erblicken eben oft so das Licht der Öffentlichkeit. Erst werden sie aus einer Ecke lanciert, dann wieder von der Parteispitze totgeschwiegen und dementiert, bis sie von einem anderen Parteiflügel wieder aufgegriffen werden. So kann eine Partei einfach die Gemütslage des Wahlvolkes ausloten. Im Fall der Mehrwertsteuer wird sich später die Schmerzgrenze an den Prozentpunkten der Erhöhung messen lassen: 18, 19 oder doch gar 20 Prozent Mehrwertsteuer? Dabei gibt es genügend Experten, die vor einer Anhebung der Steuer ohne gleichzeitige Senkung der Lohnnebenkosten warnen. Das Wirtschaftswachstum leidet, die Schwarzarbeit erfährt indes durch eine Steuererhöhung neuen Aufschwung. Das Institut der Deutschen Wirtschaft glaubt, dass mit einer Anhebung von 16 auf 20 Prozent die Wirtschaft 2007 um 1,5 weniger wachsen werde. Bis zu einer halben Million Jobs könnten so verloren gehen. Nun, da die Katze wenigstens zum Teil aus dem Sack ist, muss Merkel deshalb schnell erklären, wozu sie die weiteren Mehrwertsteuer-Milliarden verwenden will: Sollen die maroden Haushaltslöcher gestopft werden, oder will Merkel so die Kopfpauschale der geplanten Gesundheitsreform finanzieren? Wer zahlt die Rechnung und wer wird entlastet? Dass sich mit einem Regierungswechsel die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands nicht in Wohlgefallen auflösen, hat auch Ifo-Chef Hans-Werner Sinn (Institut für Wirtschaftsforschung, München) erklärt. Deutschland hat Jahrzehnte über seine Verhältnisse gelebt, und nun müssen die Bürger die Zeche zahlen. Egal, wer in Berlin regiert. Doch diese Rechnung sollte eben gerecht verteilt werden. Eine Mehrwertsteuer-Erhöhung ist dafür aber kein geeignetes Mittel. Einfacher und gerechter wäre ein genereller Subventionsabbau: Jedes Jahr zehn Prozent in allen Bereichen. Das bedeutet viele politische Grabenkämpfe mit Lobbyisten. Darauf haben Politiker wohl keine Lust. h.waschbuesch@volksfreund.de

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