Polizei sieht in neuen Namensschildern null Nutzen

Mainz · Nach der Debatte über die Beschwerdestelle nun Streit über Namensschilder: Die rot-grüne Landesregierung zieht sich mit einer geplanten Kennzeichnungspflicht den Zorn von Polizisten zu.

Mainz. Bei der rheinland-pfälzischen Polizei schütteln derzeit viele Beamte die Köpfe. "Warum brauchen wir bloß eine Kennzeichnungspflicht?", fragen sie. Polizisten, die Übergriffe von gewaltbereiten Fußballfans verhindern oder Demonstranten in Schach halten, sollen künftig ein Namensschild tragen, das aus fünf Ziffern besteht. Falls einzelne Polizisten sich zu einem Gewaltausbruch hinreißen lassen, können sie anschließend identifiziert und haftbar gemacht werden. So lautet jedenfalls die Philosophie der rot-grünen Regierungskoalition.
Bei den Polizisten hingegen löst die geplante Kennzeichnungspflicht Betroffenheit aus: "Das klingt so, als würde man uns nicht vertrauen." Gewerkschaftsvertreter wie der GdP-Landesvorsitzende Ernst Scharbach oder sein Stellvertreter Heinz-Werner Gabler können keinen Sinn in dem neuen, 2,5 Zentimeter hohen Namensschild erkennen. "Uns ist kein einziger Fall bekannt, bei dem der betroffene Beamte nach einem Vorfall oder nach einer Beschwerde nicht festgestellt werden konnte", erklären beide unserer Zeitung.
Die üblichen taktischen Kennzeichen führen dazu, dass jeder Zug und jede Gruppe ausgemacht werden können. Eine Gruppe besteht nur noch aus acht Beamten, wenn man den Gruppenführer abzieht, der eine besondere Markierung trägt. "Es ist also ziemlich leicht, den Namen eines Beamten herauszufinden", heißt es von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Und Polizisten im normalen Dienst tragen ohnehin ihren Klarnamen auf der Uniform. Es sei denn, ein Einsatz könnte riskant werden.
Der Argumentation der Personalvertreter hat sich offenbar der zuständige Verwaltungsrichter in der Einigungsstelle angeschlossen. Die rot-grüne Vorlage fiel in vertraulicher Sitzung erst einmal durch - mit der Stimme des unabhängigen Richters, der den Vorsitz führte. Jetzt hat Innenminister Roger Lewentz (SPD) das letzte Wort. Eine Entscheidung der Einigungsstelle ist nur eine Empfehlung. Lewentz muss sich nicht daran halten. Wichtiger dürfte sein, was im rot-grünen Koalitionsvertrag steht. Dort heißt es: "Mehr Transparenz stärkt das Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit der Polizei. Polizistinnen und Polizisten tragen Namensschilder oder gegebenenfalls individuelle Nummern." Und weiter: "Über die Ausgestaltung der Kennzeichnung soll eine Dienstvereinbarung abgeschlossen werden." Nach der Sommerpause will Lewentz entscheiden.
Der Innenminister geht ein Stück weit auf die Kritiker der Kennzeichnungspflicht zu: "Ich habe Verständnis für die Polizisten und ihre Persönlichkeitsrechte." Lewentz sagt aber auch: "Ebenso kann ich auch den Wunsch aus Teilen der Bevölkerung verstehen, beispielsweise bei Demonstrationen die Beamten klar zuordnen zu können. Darum haben wir das Verfahren mit drei wechselnden Nummern für die Polizisten vorgeschlagen." Den von Rot-Grün eingeschlagenen Weg hält er für ausgewogen. "Ich denke, dass wir damit grundsätzlich allen Belangen Rechnung tragen", sagt der Minister.
Extra

Vier Wochen ist es her, dass falsche Polizisten in der Eifel ältere Ehepaare angehalten und bestohlen haben. So täuschten auf der B 50 bei Mettendorf (Eifelkreis Bitburg-Prüm) zwei Männer eine Verkehrskontrolle vor - und stahlen dann einen Koffer und eine Reisetasche (der TV berichtete). Bereits am Abend zuvor war es im rund 40 Kilometer Luftlinie entfernten Sehlem (Kreis Bernkastel-Wittlich) zu einem ähnlichen Zwischenfall gekommen. Auch dort wurde ein älteres Ehepaar auf einem Parkplatz von vermeintlichen Zivilpolizisten kontrolliert und bestohlen. sey

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