Polizisten: 24 Stunden blitzen reichen nicht aus

Trier · Aktionen wie der gestern zu Ende gegangene Blitzmarathon seien Augenwischerei, sagen die Polizeigewerkschaften. Sie gaukelten vor, dass die Polizei regelmäßig Geschwindigkeitskontrollen mache. Dafür sei aber gar nicht genug Personal da.

Trier. "Wir würden ja gerne mehr kontrollieren. Aber mit welchem Personal denn?" Es klingt fast schon wie ein Hilferuf, was ein Polizist, der Dienst auf einer kleinen Wache in der Region schiebt und der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, von sich gibt. Aktionen wie der bundesweite Blitzmarathon seien wichtig. Aber sie brächten kaum was. Denn nach solchen medienwirksamen Kontrolltagen müssten Autofahrer nur selten mit größeren Kontrollen rechnen.
"Wir haben gerade noch so viel Personal, dass wir mal einen Beamten stellen können, der sich zu dem Kollegen des Polizeipräsidiums in den Radarwagen setzen und gemeinsam mit ihm die Geschwindigkeit messen kann", sagt der Polizist. Für größer angelegte Geschwindigkeitskontrollen, bei denen die Autofahrer nach dem Blitzen herausgewunken würden, gebe es bei ihm gar kein Personal. Wenn Geschwindigkeitskontrollen ohne das sogenannte verkehrserzieherische Gespräch überhaupt Sinn machen sollten, dann müssten die Strafen in Deutschland deutlich höher sein, meint der Beamte weiter.
Fehlende Kontrollen wegen Personalmangels bestätigen auch die Gewerkschaften. Sie begrüßen zwar Aktionen wie den Blitzmarathon. Sie seien jedoch nicht ausreichend.Kritik der Gewerkschaft


Allgemeine Verkehrskontrollen, bei denen nicht selten Zufallsfunde gemacht würden (Drogen, mit Haftbefehl gesuchte Personen) fänden nur noch selten statt - allenfalls zu Ausbildungszwecken mit jungen Polizisten kritisiert der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Ernst Scharbach. Das fördere nicht das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Die Polizei könne gerade noch reagieren, wenn sie angerufen werde, alles, was über Routine hinausgehe, sei mit dem vorhandenen Personal kaum noch zu leisten, sagt auch Benno Langenberger. Er ist Landesvize der Deutschen Polizeigewerkschaft.
Nicht nur, dass Mitarbeiter fehlen: Das vorhandene Personal sei auch am Anschlag, moniert die CDU-Landtagsfraktion.Belastete Beamte


Viele Dienststellen im Land könnten die meiste Zeit gar nicht mehr wie vorgeschrieben mit zwei Polizisten besetzt werden, sagt Matthias Lammert, innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Immer mehr Polizisten würden aufgrund der Belastung krank und dienstunfähig. Die CDU-Fraktion will nun in einer Anfrage an die Landesregierung wissen, wie diese die Personalsituation bei der Polizei einschätzt und was sie gegen die Überlastung tun wird.
Trotzdem hat Innenminister Roger Lewentz (SPD) nach dem Blitzmarathon ein entschlossenes Vorgehen der Polizei gegen Verkehrsrowdys und Raser angekündigt. "Die Polizei kontrolliert den Straßenverkehr 365 Tage im Jahr und ahndet Geschwindigkeitsverstöße immer konsequent." Im vergangenen Jahr starben in Rheinland-Pfalz 174 Menschen bei Verkehrsunfällen. Bei mehr als 60 Prozent war laut Polizei überhöhte Geschwindigkeit die Ursache. In der Region gab es im vergangenen Jahr 2282 Raserunfälle, dabei starben 14 Menschen.Extra

Beim zweiten Blitzmarathon bundesweit hat die Polizei mehr Autofahrer erwischt als bei der Premiere 2013. Von drei Millionen kontrollierten Wagen seien 93 000 Fahrer zu schnell gewesen, teilte das nordrhein-westfälische Innenministerium am Freitag mit. Damit habe die Quote bei drei Prozent gelegen. Somit hätten sich 97 Prozent der Autofahrer an die Regeln gehalten: "Damit sind wir sehr zufrieden." 2013 waren 83 000 Fahrer zu schnell unterwegs. dpa

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