Populistische Parolen

In diesen turbulenten Tagen haben die Bundesbürger allen Grund, sich ordentlich zu ärgern. Die wahlkämpfenden Politiker versuchen mit populistischen Parolen, ihre Programme für der Weisheit letzten Schluss und das Volk für dumm zu verkaufen...

In diesen turbulenten Tagen haben die Bundesbürger allen Grund, sich ordentlich zu ärgern. Die wahlkämpfenden Politiker versuchen mit populistischen Parolen, ihre Programme für der Weisheit letzten Schluss und das Volk für dumm zu verkaufen; der "Brotpreis" der Neuzeit, wie die Energiekosten genannt werden, explodiert geradezu und reißt Löcher in die Haushaltskassen; und die Boulevardpresse, allen voran die parteiische Bildzeitung, schürt die Stimmung, indem sie die "Benzin-Wut" der Bevölkerung noch anstachelt und die rot-grüne Bundesregierung dafür verantwortlich macht.Nun mag die Versuchung ja groß sein, das brisante Thema Spritpreis für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen. Aber so einfach, wie uns das manche Interessengruppen weismachen wollen, ist der Sachverhalt nicht. Denn die Ursachen des Energie-Dilemmas sind überaus vielschichtig. Gewiss drehen die mächtigsten Unternehmen der Welt, die Ölmultis, auch ganz bewusst an der Preisschraube. Sicherlich nutzen die global operierenden Spekulanten die Situation (China-Boom, Iran-Krise, Hurrikan) weidlich aus. Und zweifellos trägt auch das Ungeheuer namens "Katrina" seinen Teil dazu bei, um die Hälse der Kraftfahrer an den Tankstellen anschwellen zu lassen.

Allerdings verdrängen die Betroffenen gerne, dass das System exakt nach den Gesetzen des Marktes funktioniert: je knapper das Gut, desto höher der Preis.

In Deutschland hat es sich eingebürgert, im Kontext mit den hohen Spritpreisen die Ökosteuer zum Sündenbock zu stempeln. Natürlich trägt diese von Rot-Grün als Steuerungsinstrument eingeführte Abgabe zum Spritpreis bei - aber in eher bescheidenem Maße (15 Cent). Zum Vergleich: Allein in dieser Woche ist der Preis an den Zapfsäulen um etwa den gleichen Betrag gestiegen. Selbst die Union will die Ökosteuer nach einem Wahlsieg nicht abschaffen, weil der Einnahmeausfall nicht verkraftbar wäre angesichts der leeren Kassen.

Was wirklich notwendig wäre, sagen die Populisten leider nicht: Die Deutschen (und andere) müssten ihre Mobilitätskultur ändern, wenn sie den Ölmultis Paroli bieten wollten: Busse und Bahn stehen parat, sie sind durchaus eine Alternative, wenn auch nicht immer attraktiv. Doch daran ließe sich eher etwas ändern als am Benzinpreis, zumal das kostbare Gut Öl in rasantem Tempo zur Neige geht.

Ohne Frage ist der aktuelle Ölpreis-Schock ein ernstes Problem für viele Menschen. Deshalb darf es als sicher gelten, dass kein Politiker nach der Wahl wagen wird, die Pendlerpauschale zu streichen. Vielleicht ist die Lage nach "Katrin" aber auch ein heilsamer Schock - und ein Anreiz für die Leute, (noch) sparsamer mit Benzin und Heizöl umzugehen. Und für die Industrie, endlich alternative Antriebsmodelle zu entwickeln und den Bau von Hybrid-Autos zu beschleunigen.

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