Prinzip Hoffnung

Die Machtübergabe im Irak ist vollzogen, und die Aussichten, dass das Land zu jenem "Leuchtturm der Demokratie” wird, den sich die Kriegs-Strategen in Washington immer erträumt haben, sind weiter trübe.

Die eskalierende Zahl der Gewalttaten von Extremisten und Guerillas geht Hand in Hand mit der latenten Unlust der meisten EU- und Nato-Staaten, sich über eine Minimal-Rolle - wie die Ausbildung von Sicherheitskräften - hinaus zu engagieren. Die zögerliche Haltung dürfte auch einem strategischen Langzeit-Kalkül entspringen, über das natürlich nicht offen geredet wird: Je schmerzhafter die Bilanz im Irak für die USA ausfällt, umso schwerer dürfte es dem derzeitigen oder einem neuen US-Präsidenten fallen, weitere präventive Militäraktionen gegen als ernsthafte Bedrohung empfundene Staaten gegenüber der eigenen Bevölkerung zu rechtfertigen. Insbesondere die direkten Anrainerstaaten wie Iran oder Syrien haben zudem keinerlei Interesse an einem "Erfolgsmodell” Irak: Für die totalitären Regime in Teheran und Damaskus ist nichts bedrohlicher als ein demokratischer Musterstaat in unmittelbarer Nachbarschaft, der Signale für überfällige Reformen aussenden könnte. Eine weitere Unterstützung antidemokratischer und radikalislamistischer Kräfte im Irak durch diese beiden Staaten liegt also auf der Hand, und ein Zustrom weiterer Extremisten in ein sich nach der Schreckensherrschaft Saddam Husseins nun mit offenen Grenzen präsentierendes Land ist absehbar. Die Äußerungen in Washington zeigen deutlich, dass man im Weißen Haus die Sicherheitsproblematik im Irak immer stärker als Problem sieht, dass die Iraker selbst lösen müssen. Diese Haltung wurde im Wahljahr nicht nur durch den hohen Blutzoll der US-Truppen beschleunigt, sondern auch die in der irakischen Bevölkerung vorherrschende Stimmung, die "Besatzer” sollten das Land schnellstmöglichst verlassen. Am Ende wird die Zukunft des Zweistromlandes auch dadurch definiert werden, ob die Iraker bereit sind, notfalls auch gegen Iraker Gewalt einzusetzen, um für Ordnung zu sorgen. Scheitern die Bemühungen zur Stabilisierung des Landes, wird der Preis hoch sein: Abgesehen von tausenden, die für dieses militärische Abenteuer ihr Leben ließen, würde eine Nahost-Region zurück bleiben, die als latenter Unruheherd und Terror-Brutstätte für Jahre die Welt weiter in Atem halten kann. nachrichten.red@volksfreund.de

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