Problem Guantanamo

Am Wochenende hat ein amerikanischer Oppositionspolitiker erstmals die Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantanamo Bay gefordert.

Am Wochenende hat ein amerikanischer Oppositionspolitiker erstmals die Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantanamo Bay gefordert. Der demokratische Senator Joe Biden folgt damit einem ähnlichen Appell eines Kommentators der "New York Times" – einer Zeitung, für deren Leitartikler die Antiterror-Politik der Regierung Bush stets ein willkommenes Objekt der Kritik gewesen ist. Beide Meinungsäußerungen folgen der Einschätzung von Amnesty International, bei dem Internierungscamp handele es sich um einen "modernen Gulag" – eine Bewertung, die das Weiße Haus empört zurück gewiesen hat. Deshalb drängt sich nun die Frage auf, was durch eine Auflösung des Gefängnisses auf kubanischem Boden gewonnen werden würde – und ob ein solcher Schritt tatsächlich von der Faktenlage gerechtfertigt ist. Der US-Demokrat Biden argumentiert, dass das Lager mittlerweile zum größten Propaganda-Werkzeug zur weltweiten Terroristen-Rekrutierung geworden ist. Doch selbst nach einer Schließung bleibt die Frage: Was tun mit jenen, die von den USA und ihren Verbündeten künftig im Kampf gegen den Terror festgenommen werden? Handbücher der El Kaida, in Afghanistan sichergestellt, geben für den Fall einer Festnahme klare Anweisungen: Je häufiger man den Eindruck von Misshandlungen und Folter durch den "großen Satan" USA vorgebe, desto größer werde der Rückhalt für die Ziele der Organisation in der islamischen Welt sein. Es ist deshalb anzunehmen, dass selbst bei der Eröffnung neuer Gefängnisse an anderem Ort die Debatte über mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen niemals enden würde. Das Hauptproblem beim Reizthema Guantanamo liegt weniger in der Örtlichkeit als in den geltenden Regeln und bekannt gewordenen Verhörmethoden. Eine Nation, die sich zum Ziel gesetzt hat, vor allem in der arabischen Welt Demokratie zu verbreiten und so dem Terrorismus seinen Nährboden zu entziehen, wird es sich deshalb nicht leisten können, keine überzeugenden Regeln zu installieren, die auch mögliche Irrtümer ins Kalkül ziehen – egal an welchem Ort. nachrichten.red@volksfreund.de

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