Probleme mit dem Personal

BERLIN. CDU-Chefin Angela Merkel hat Personalprobleme: Gut anderthalb Monate vor der immer wahrscheinlicheren vorgezogenen Bundestagswahl müsste sie Kabinetts-Weichen stellen, kann aber nicht.

Wenn die Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel am 18. September ein Personalpaket schnüren darf, und danach sieht es derzeit aus, solle das Tableau für das künftige Kabinett schon fertig sein. Allerdings muss die CDU-Vorsitzende dafür noch einige Probleme lösen: Einerseits hat sie die Qual der Wahl, um aus dem Reservoir der Union die richtigen Kandidaten heraus zu fischen; zum anderen droht ausgerechnet bei den wichtigsten Ressorts (Finanzen, Wirtschaft, Außenamt) eine Hängepartie. Zwei Namen sind dabei interessant: Edmund Stoiber und Friedrich Merz. Der bayerische Ministerpräsident weiß nämlich noch nicht, ob er wollen soll - und wenn ja, welche Position dann konkret in Frage käme (am liebsten will er dem Vernehmen nach Außenminister werden). Und der ausgewiesene CDU-Finanzexperte Merz darf nicht wollen, was er zu können glaubt. Merz hat sich dermaßen mit Merkel zerstritten, dass er sogar den stellvertretenden Fraktionsvorsitz hinwarf. Da kann er jetzt schlecht den Finanzminister machen, auch wenn ihn das Amt durchaus reizt. Diffiziler stellt sich der Sachverhalt mit Stoiber dar. Der CSU-Chef musste nach seiner Wahlniederlage gegen Schröder von 2002 zurückstecken und hilflos mitanschauen, wie Merkel auf dem Weg zur Macht an ihm vorbei marschierte. Stoibers Psyche verlangt nun, dass ihm bei einem Eintritt ins Kabinett wenigstens die Gesichtswahrung ermöglicht wird: Den Job als Außenminister, der etwas abseits des politischen Alltags agiert und als Vielflieger quasi über den Dingen schwebt, könnte er sich vorstellen. Der Bayer hofft deshalb inständig darauf, dass die CSU bei der Wahl am 18. September besser abschneidet als die FDP. Dann will die CSU dem Vernehmen nach das Außenamt für sich reklamieren. Leidtragender wäre in diesem Fall der liberale Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt, der seit langem davon träumt, in die Fußstapfen seiner Parteifreunde Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel zu treten. Den prestigeträchtigen Außen-Job würde zwar auch FDP-Chef Guido Westerwelle gern übernehmen, doch hat er dieses Ansinnen nach internen Widerständen aufgegeben. Was aus Westerwelle wird, ist unklarer denn je. Sollte es nach der Wahl zu einer großen Koalition kommen, die FDP also abermals leer ausgehen, könnten seine Tage als Parteichef sogar gezählt sein.Unsicherheits-Faktor Linkspartei

A propos große Koalition: Sie wird mit jedem Prozentpunkt, den die neue Linkspartei zulegt, wahrscheinlicher. Damit käme Stoiber seinem Ziel etwas näher, da die SPD keinen Außenpolitiker von Format aufzubieten hat. Merz wäre in diesem Fall vermutlich ganz draußen, denn das Finanzressort würde dann wohl an den ehemaligen NRW-Finanzminister und Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD) gehen. Überhaupt würde eine große Koalition zu einer bizarren Situation führen: Derjenige nämlich, der die vorzeitige Neuwahl herbei geführt hat (Kanzler Gerhard Schröder), würde zum Opfer dieser Entwicklung; und ausgerechnet Lafontaine, der mit der Linkspartei seinen ehemaligen Genossen schadet, könnte der SPD die Oppositionsrolle ersparen.

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