Propaganda für Saddam

Während die Welt über Krieg und Frieden debattiert, trickst das "neue Europa" mit alten Daten: Die brisanten britischen Erkenntnisse über Saddams Rüstungsprogramme: alles Humbug. Die Enthüllungen über geheime irakische Biowaffen: olle Kamellen.

Was Tony Blairs Geheimdienst-Bosse den US-Kollegen als sensationelleInformation zusteckten, entpuppt sich bei genauer Prüfung als eine akademische Altlast - von einem Studenten bereits Anfang der 90er Jahre veröffentlicht, getreu bis in die Tippfehler kopiert. Aus Dummheit? Da in englischen Nachrichtendiensten nicht nur Dumpfbacken hocken, ist eher von Dreistigkeit auszugehen: Aus einer dünnen Quellenlage bastelte sich die Regierung trotz aller Proteste der eigenen Profi-Schnüffler exakt diejenigen Erkenntnisse, die im Weißen Haus gewünscht sind: pure Propaganda. Eine verlogene Taktik, selbst wenn einzelne Fakten stimmen. Dass es sich bei Hussein um einen menschenverachtenden Diktator und notorischen Betrüger handelt, der vor brutalen Maßnahmen gegen die eigene Bevölkerung nicht zurückschreckt, ist klar bewiesen. Dass Saddam allerdings - wie Washington und London behaupten - El-Kaida-Terroristen unterstützt, nicht. Von dieser Frage hängt es unter anderem ab, ob die Weltgemeinschaft einen möglichen Krieg gegen Bagdad legitimiert. Der Skandal um das Irak-Dossier macht die Suche nach der Wahrheit nicht leichter, und Großbritannien hat sich zumbesten Propagandisten Bagdads gemacht. Für das Gefecht Colin Powells im Weltsicherheitsrat wollten die Briten den Amerikanern Munition beschaffen. Und die ist jetzt im Lager der Verbündeten detoniert - mit verheerenden Folgen für die Glaubwürdigkeit derer, die Krieg für ein Mittel zur Beseitigung von Despoten halten. r.jakobs@volksfreund.de

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