Protest gegen Grundschulschließungen in Mainz

Trier · Zum Protest gegen Grundschulschließungen werden heute hunderte von Eltern in Mainz erwartet. Die CDU will Zwergenschulen erhalten.

Preist ist Dorf in der Eifel in der Verbandsgemeinde Speicher. Knapp 800 Menschen leben in dem Ort am Rande des Eifelkreises Bitburg-Prüm. Es gibt neun Vereine. Vom Angelsportclub bis zu den Preister Möhnen. Und es gibt eine Grundschule. Noch. Die Zukunft der kleinen Dorfschule ist ungewiss. Sie ist eine von 41 kleinen Grundschulen, die auf der Schließliste des Landes stehen, weil sie zu klein sind. 37 Schüler werden in Preist in zwei Klassen unterrichtet. "Nach den Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot des Ministeriums für Bildung müssten aber mindestens drei Klassen vorhanden sein, um einen dauerhaften Bestand der Grundschule Preist sicherzustellen", erklärt Harald Knopp von der Verbandsgemeindeverwaltung in Speicher. Derzeit erstelle die Verwaltung ein Konzept, in dem sie Gründe aufführe, warum die Schule im Dorf bleiben müsse.

Das Land hat die Träger der 41 auf der Liste stehenden Grundschulen genau dazu aufgefordert. Danach soll die für die Schulaufsicht im Land zuständige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier die vorgelegten Konzepte überprüfen. Das letzte Wort hat das Bildungsministerium in Mainz. Wird beschlossen, die Schule dichtzumachen, dann soll das bereits zum übernächsten Schuljahr geschehen. "Jedes dieser Konzepte wird individuell geprüft. Und überprüfen bedeutet nicht gleich schließen", hat Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) gestern im Landtag gesagt. An Standorten, an denen Schulen geschlossen würde versucht, "gute Lösungen für die sinnvolle Anschlussnutzung und Weiterentwicklung von Schulgebäuden für Gemeinschaftszwecke zu finden", so die Ministerin. Am Grundsatz "Kurze Beine - kurze Wege" ändere sich auch nichts für die Schüler, die dann andere Schulen gehen müssten. Hubig: "Wir wollen, dass unsere Jüngsten möglichst kurze Schulwege haben." In Preist sieht man diese Aussage jedoch eher als Floskel. 30 der 37 Schüler kämen derzeit direkt aus Preist, sagt Knopp. Sieben Schüler stammten aus umliegenden Orten wie dem rund drei Kilometer entfernten Auw an der Kyll, Hosten (sieben Kilometer) oder Speicher (vier Kilometer). "Wenn es zu einer Schließung der Grundschule Preist käme müssten die Schüler mit Schulbussen in eine andere Grundschule transportiert werden", sagt Knopp. Die nächsten Grundschulen befänden sich in Speicher und Orenhofen, was gut fünf Kilometer entfernt ist.

"Was ist ein Dorf mit einem tollen und teuer sanierten Dorfkern oder Dorfbrunnen, wenn dort keine Kinder mehr spielen. Das Vereinsleben findet dann kaum noch statt und zum Schluss stehen viele Häuser leer, was bereits jetzt in vielen Dörfern der Fall ist", sagt Reiner Schladweiler. Er ist Vorsitzender des Regionalelternbeirats. Zusammen mit anderen Elternvertretern im Land hat er eine Demonstration heute Mittag vor dem Landtag organisiert. Seit Monaten machen die Eltern mobil gegen die Pläne des Landes. 25.806 Menschen haben bis gestern die Petition "Rettet unsere Zwergenschulen" im Internet unterzeichnet. Daher rechnen die Organisatoren der Demo in der Mainzer Innenstadt mit mehreren hundert Teilnehmern. Auch aus der Region werden zahlreiche Eltern in der Landeshauptstadt erwartet.

Die Leitlinien des Landes, mit der die Schließung kleiner Schulen begründet wird, beruhe nur auf Schülerzahlen. "Pädagogische Fakten wurden so gut wie nicht berücksichtigt", sagt Schladweiler. Das sieht auch Harald Knopp von der Speicherer Verbandsgemeindeverwaltung so: "Die Grundschule Preist erfüllt wie auch unsere anderen Grundschulen ihren Auftrag in vollem Umfang." Schladweiler wirft dem Land vor, falsche Schwerpunkte zu setzen: " Das Land gibt hunderte von Millionen für Dorfsanierungen und den Kampf gegen die Landflucht aus und gleichzeitig reißt man den Dörfern ihr Herz raus." Die Landflucht führe bereits heute in den Ballungsgebieten zu steigenden Mieten und knappen Schulplätzen. "Das wird sich durch die Schließung der Dorfschulen weiter verstärken", glaubt Schladweiler.

Unterstützung finden die protestierenden Eltern in der CDU-Landtagsfraktion. Im Entwurf zur Änderung des Schulgesetzes, den sie gestern im Landtag vorgelegt hat, will sie kleine Dorfschulen erhalten. Statt wie vom Land vorgegeben eine Klasse pro Jahrgang sollen künftig mindestens zwei Klassen als Mindestgröße gelten. Nach den Vorstellungen der CDU könnten etwa Schüler der ersten und zweiten Klassenstufe sowie der dritten und vierten Klassenstufe gemeinsam unterrichtet werden - so wie es in Preist derzeit der Fall ist.

Bildungsministerin Hubig nennt den CDU-Vorschlag Symbolpolitik. "Nicht das Schulgesetz und die darin geforderte Mindestzügigkeit haben dazu geführt, dass einige Grundschulen nur noch eine oder zwei Klassen haben. Grund ist der demografische Wandel." Kleinere Schulen stießen an ihre Grenzen, Lehrer dort seien stark gebunden ist auch die Meinung der bildungspolitischen Spercherin der SPD-Landtagsfraktion Bettina Brück aus Thalfang (Bernkastel-Wittlich).

Die Demonstration vor dem Mainzer Landtag beginnt um 14.30 Uhr.

Anmeldung bei: Reiner Schladweiler, E-Mail: schladweiler@t-online.de Kommentar

Pädagogisch nicht sinnvoll

Das Land hat sich selbst in Erklärungsnöte gebracht. Zunächst wurden die Pläne zur Schließung der Zwergenschulen im Zusammenhang mit dem Sparkurs des Landes diskutiert. Bildungsministerin Hubig hat erkannt, dass es den Eltern und Ortsbürgermeistern nur schwerlich zu erklären ist, dass der Rotstift bestimmt, wo Kinder zur Schule gehen sollen. Nun, angesichts des massenhaften Protests wütender Eltern, heißt es, der demografische Wandel mache es notwendig, kleine Dorfschulen zu schließen. Das dürfte die Wut nicht unbedingt schmälern. Schule und Kirche sind emotionale Themen. Sie stehen für ein eigenständiges Dorfleben, für Gemeinschaft, für Nähe. Die Kirche soll im Dorf bleiben. Die Schule auch.

Doch viele Dörfer schrumpfen, die Älteren sterben, die Jungen ziehen weg, es gibt zu wenige Kinder. Das Bistum reagiert: Kirchen werden geschlossen, Pfarreien zusammengelegt. Und nichts anderes macht das Land: Kleine Schulen werden geschlossen und zu größeren zusammengelegt. Das ist aber folgerichtig. Kleine Schulen sind pädagogisch und betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll. Es tut vielleicht weh, wenn der Sechsjährige morgens in den Bus steigt, um ein paar Minuten bis zur nächsten Schule zu fahren, statt zu Fuß zur nahegelegenen Dorfschule zu gehen. Doch ist das wirklich so schlimm? Im Eifelkreis fahren jeden Tag knapp 1900 Grundschüler mit dem Bus, über 2000 sind es in Trier-Saarburg. Zwergenschulen sind längst auch kein Standortfaktor mehr, wie der Zuzug in schullosen Dörfern des Saargaus deutlich zeigt.

b.wientjes@volksfreund.de

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