Provokation der Eltern

Hätte es noch eines Beweises bedurft, wie hilflos die große Koalition in Sachen Familienpolitik ist, dann hat ihn die SPD mit ihren absurden Forderungen nach einer faktischen Kürzung des Kindergeldes gestern geliefert: Es ist kein Geld da für die notwendige Unterstützung von Familien, also nehmen wir es von den Familien.

Die Sozialdemokraten waren im Zugzwang. Sie konnten bei der Betreuungsoffensive nicht länger der Übermutti Ursula von der Leyen das Feld überlassen, zumal die Familienministerin (wohl wissend, dass eigentlich kein Geld da ist) keine Vorschläge zur Finanzierung der Verdreifachung der Krippenplätze vorlegen konnte. Daher griff die SPD in die Mottenkiste und kramte einen Vorschlag hervor, der immer wieder kommt, wenn man nicht weiß, wie man zusätzliche Angebote finanzieren soll: weniger Kindergeld. Ganz so, als sei die Unterstützung ein Almosen, das man je nach Kassenlage kürzen oder streichen kann. Eine Provokation für alle Eltern. Kindergeld ist schließlich ein vom Bundesverfassungsgericht geschützter Ausgleich für zu viel gezahlte Steuern, für die Besteuerung des Existenzminimums für Kinder. Erst vor einer Woche bescheinigte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, Unicef, Deutschland, in der Kinderförderung nur Mittelmaß zu sein, vor allem was die materielle Ausstattung angeht. Ungeachtet dieses miesen Zeugnisses für die deutsche Familienpolitik kappen ausgerechnet die Sozialdemokraten den einzigen Familienlastenausgleich, den es bei uns gibt. Es kann nicht sein, dass alle Familien bluten sollen, um eine notwendige, bessere Kinderbetreuung zu finanzieren, die aber nur einem Teil von ihnen nutzt. Paradoxerweise hat SPD-Vorsitzender Kurt Beck in seinem eigenen Bundesland bewiesen, wie eine effektive und künftig beitragsfreie Kinderbetreuung finanziert werden kann, ohne die Eltern zu belasten: 25 Millionen Euro lässt sich das Land den Ausbau von Kindergartenplätzen kosten und wird dafür von allen Seiten gelobt. Doch Mainz ist nicht Berlin, und: Was schert mich mein Geschwätz von gestern? Ein Armutszeugnis. b.wientjes@volksfreund.de

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