Prozess um Schüsse auf Polizisten: Angeklagter tischt haarsträubende Geschichte auf

Trier · Einer von drei wegen Schüssen auf Polizisten angeklagten Männern hat sich gestern vor dem Trierer Landgericht eingelassen. Doch das, was der 39-Jährige erzählt, ist wohl eher eine Räuberpistole.

Trier. Staatsanwalt Eric Samel schmunzelt. Irritiert blafft ihn der 39-jährige Angeklagte an: Warum er denn über ihn lache. Er solle sich nicht durch seine Heiterkeit stören lassen, meint Samel.Im gestohlenen Auto unterwegs


Und in der Tat klingt es wie eine Räuberpistole, was der 39-jährige Deutsch-Marokkaner am vierten Prozesstag da auftischt. Er ist einer von drei Angeklagten, die im April des vergangenen Jahres im Eifelort Bleialf (Eifelkreis Bitburg-Prüm) auf Zivilpolizisten geschossen haben. Die Beamten hatten die drei Männer, die in einem gestohlenen Auto unterwegs waren, verfolgt, weil sie vermuteten, dass die Bande eine Bank überfallen wollte.

Davon will der 39-Jährige nichts wissen. Warum er zusammen mit den beiden anderen Marokkanern (25 und 27), die er gar nicht kenne, nach Bleialf gefahren sei, wisse er nicht, erzählt er vor Gericht. Ein Tag vorher sei er in Brüssel, wo er mit seiner Frau und seinem Sohn gelebt habe, von einem Albaner mit an den Kopf gehaltener Pistole in einem Café gezwungen worden, mit dem Auto an die belgisch-deutsche Grenze zu fahren. Die beiden Mitangeklagten seien bei dem Gespräch dabei gewesen, behauptet er. Am nächsten Tag sei er dann zusammen mit den beiden Männern in den silbernen Kombi mit deutschem Kennzeichen gestiegen, der Albaner habe das Navigationsgerät programmiert und er sei dann den Routenanweisungen gefolgt. Wohin er fahren sollte, habe er nicht gewusst. Er habe Angst gehabt: "Mit Albanern ist nicht zu spaßen."

Samel grinst nur. Später bedankt er sich für das "Märchen aus tausendundeiner Nacht". Auch die Verteidigerinnen der beiden Mitangeklagten, Anne Bosch und Monika Kühne, schmunzeln.Schmunzeln allenthalben


Selbst bei den drei Berufsrichtern ist eine gewisse Heiterkeit festzustellen. Doch der Deutsch-Marokkaner mit bulgarischem Pass fährt unbeirrt mit seiner Geschichte fort. Warum er nicht angehalten habe, als die Zivilstreife eine Straßensperre in der Nähe von Bleialf errichtet habe, will Richterin Petra Schmitz wissen.

Sie hätten nicht gewusst, dass es sich um Polizisten handele, sagt er. "Wenn die Beamten sich rechtzeitig zu erkennen gegeben hätten, hätten wir angehalten." Stattdessen hat er den Wagen an der Sperre vorbeigesteuert. Dass die sie verfolgenden Autos zivile Polizeiwagen gewesen seien, hätten sie nicht bemerkt. "Ich dachte, das seien Kriminelle."

Da können sich dann auch die schwer bewaffneten Polizisten im Zuschauerraum des Gerichtssaal das Lachen nicht verkneifen. Sie sollen verhindern, dass es möglicherweise zu einer Befreiungsaktion des 39-Jährigen kommt. Die Ermittler sehen in ihm nicht nur den Kopf der Bande, sondern auch einen gefährlichen Verbrecher. Während der Untersuchungshaft hat er bereits versucht, aus dem Wittlicher Gefängnis zu fliehen.

Er habe nicht auf die Verfolger geschossen, behauptet er weiter und zeigt dann auf den 25-Jährigen. Der habe neben ihm im Auto gesessen und mit einer Pistole auf die nachfolgenden Autos gezielt. "Aber nur auf die Reifen." Auf der Flucht vor der deutschen Polizei rast das Trio weiter über die belgische Grenze. Eine Straßensperre, die zwei belgische Polizisten mit einem Streifenwagen errichtet haben, umfährt der 39-Jährige. "Ich war nicht klar im Kopf. Mein Herz hat gerast. Ich war in Panik", erklärt er, warum er nicht angehalten hat.Zersplitterte Heckscheibe


Die beiden Polizisten schießen auf den Wagen, einer zwei, der andere sieben Mal. Die Heckscheibe zersplittert. Trotzdem fährt der Mann weiter. Schüsse fallen nicht mehr. Auch kurze Zeit später, als die drei von der belgischen Polizei in einem Waldstück festgenommen werden, habe keiner der Männer auf sie geschossen, sagt ein Kriminalpolizist. Trotzdem stuft er die Marokkaner als hochgefährlich ein.

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