Purer Populismus

Ein international agierender Konzern schließt einen einst mit zig Millionen Euro Steuergeldern subventionierten Standort, um ein paar hundert Kilometer weiter östlich ein neues Werk aus dem Boden zu stampfen, bis auch dort die Weide in ein paar Jahren abgegrast ist.

Der aktuelle Fall des finnischen Handy-Herstellers Nokia oder die zurückliegenden Fälle Siemens/BenQ und Motorola zeigen: Die von dem damaligen SPD-Bundesvorsitzenden Franz Müntefering vor zweieinhalb Jahren unter etwas anderen Vorzeichen ausgelöste "Heuschrecken-Debatte" hat nichts an Aktualität eingebüßt. Der wenig schmeichelhafte tierische Vergleich galt ohnehin nie für das Gros der Unternehmen, sondern zielte stets auf jene Beteiligungs-Gesellschaften oder Konzerne, denen Rendite über alles geht, Standorte, Firmen oder Arbeitnehmer aber gleichgültig sind. Unternehmen, die abgrasen und weiterziehen - wie die Wanderheuschrecken.Der angekündigte Rückzug des finnischen Nokia-Konzerns aus Bochum ist dafür ein Paradebeispiel. Kaum ist die Frist abgelaufen, die den Handy-Hersteller für ein paar Jährchen an den Standort gebunden hat, machen die Nokia-Manager den Laden dicht und in einem osteuropäischen Billiglohn-Land wieder auf. Fast unnötig zu erwähnen, dass auch in Rumänien wieder zig Millionen Euro Steuergelder fließen werden, um den Finnen den neuen Standort schmackhaft zu machen. Das jetzt kollektiv ausbrechende Gejammer vor allem nordrhein-westfälischer Politiker ist zwar verständlich, aber ebenso heuchlerisch. Schließlich waren es einst Bund, Land und Kommunen, die den Finnen den Verbleib am Standort D mit insgesamt knapp 90 Millionen Euro versüßten. Ohne diese überdimensionierte Finanzspritze wäre das Bochumer Werk womöglich schon ein paar Jahre zuvor geschlossen worden. Dass einzelne Politiker jetzt sogar finanzielle Rückforderungen ins Gespräch bringen, ist Aktionismus und Populismus pur. Die Erfolgsaussichten liegen bei null.

Sinnvoller wäre es da schon, eine nicht auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Subventions-Praxis auf den Prüfstand zu stellen, statt Steuergelder mit vollen Händen und ohne Verstand auszugeben. Angesichts der jetzt veröffentlichten Summen, mit denen der finnische Handy-Hersteller in den letzten Jahren gepäppelt wurde, um letztlich doch das Weite zu suchen und 2000 Arbeitnehmer zu entlassen, dürfte vielen redlich wirtschaftenden Mittelständlern ganz schwindelig werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort