Radikaler Jungstar mit eigenem Profil

Paris · Marion Maréchal-Le Pen könnte am Sonntag die Wahlen in der französischen Mittelmeerregion gewinnen. Die 25-Jährige vertritt noch radikalere Positionen als ihre Tante Marine.

Paris. Marion Maréchal-Le Pen wird am Donnerstag kaum Zeit haben, ihren 26. Geburtstag zu feiern. Die Abgeordnete des rechtspopulistischen Front National (FN) steckt nämlich mitten im Wahlkampf für die zweite Runde der Regionalwahlen am Sonntag. Die Aussichten, dass die Nichte von Parteichefin Marine Le Pen die Mittelmeerregion Provence-Alpes-Côte d'Azur (PACA) gewinnt, sind gut: In der ersten Runde lag sie mit knapp 41 Prozent deutlich vor dem konservativen Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi.
Harte Parolen sanft artikuliert


Die Lieblingsenkelin von FN-Gründer Jean-Marie Le Pen spricht deutlich sanfter als ihre Tante. Doch ihre Aussagen sind noch radikaler als die Parolen von Marine Le Pen.
"Die Muslime können nicht genau dieselbe Stellung haben wie die Katholiken", bemerkte die ehemalige Klosterschülerin in der rechtsextremen Zeitung Présent an die fünf Millionen Muslime in Frankreich gerichtet. Die katholische Traditionalistin will im Falle eines Wahlsieges das Geld für die Familienplanung streichen, das nach ihrer Ansicht nur dazu dient, die Abtreibung zu "banalisieren".
Als die Nachwuchspolitikerin 2012 mit nur 22 Jahren als jüngste Abgeordnete in die Nationalversammlung zog, galt sie als Anhängsel des Patriarchen, dem sie ihren Aufstieg verdankt. Auch die Kandidatur in der Mittelmeerregion "erbte" Marion Maréchal-Le Pen von ihrem Großvater, der wegen antisemitischer Äußerungen zum Verzicht gezwungen wurde. Doch die Enkelin gab sich schnell ein eigenes Profil, ohne mit dem Parteigründer zu brechen.
In der Partei extrem beliebt


"Unverfrorenheit, Lächeln und Entschlossenheit" - mit diesen drei Worten charakterisierte die Zeitung Le Monde die zierliche Frau mit den langen blonden Haaren, die sie sich stets akkurat über die rechte Schulter legt. Marine Le Pen beschrieb ihre Nichte bei einem Wahlkampfauftritt in Nizza so: "Eine junge Frau, die unglaublich mutig und intelligent ist und unter ihrem sanften Aussehen eine Entschlossenheit aus Stahl verbirgt."
In der Partei ist Marion Maréchal-Le Pen, Mutter einer einjährigen Tochter, extrem beliebt: Beim Parteitag im vergangenen Jahr wurde sie mit den meisten Stimmen ins Zentralkomitee gewählt.
Ihre Beliebtheit könnte irgendwann auch für Marine Le Pen ein Problem werden, mit der die Nichte nicht immer auf einer Linie ist. So fordert Marion Maréchal-Le Pen im Gegensatz zur FN-Chefin keinen Austritt Frankreichs aus dem Euro. Eine Konkurrenz zur Tante wiegelt der Jungstar des FN ab. "Mein Ziel ist es, der Glaubwürdigkeit von Marine Le Pen zu dienen", sagt sie.

Extra

Die Politologin Ursula Münch sieht im Erfolg des rechtsextremen Front National (FN) bei den Regionalwahlen in Frankreich die Gefahr eines politischen Rechtsrucks in Europa. Gleichzeitig macht die Professorin an der Bundeswehruniversität in München aber eine Sondersituation in Frankreich für den FN-Wahlsieg verantwortlich. Der Front National sei schon relativ lange präsent. "Man muss auch sehen, dass die wirtschaftliche Situation in Frankreich sehr schwierig ist", nannte Münch als weiteren Grund für den Erfolg der FN. Zudem hätten die beiden sonstigen großen Parteien Frankreichs schon seit vielen Jahren erhebliche Schwierigkeiten, sich zu positionieren. Das Land habe ein Integrationsproblem, weil es eine schwierige und teils verfehlte Integrationspolitik betrieben habe. Nach ihrer Überzeugung könnte der Rechtsruck in Frankreich auch auf andere EU-Mitgliedstaaten überschwappen. Populistische oder extreme Parteien dürften größeren Anklang finden, sofern sie die richtigen Personen haben, erläuterte die Professorin. dpa

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