Ramponiert zum schwarz-gelben Duell

Der traditionelle Schlagabtausch kurz nach dem Jahreswechsel dürfte diesmal verhaltener ausfallen als sonst. Dennoch wird Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel genau hinhören, was ihre Partner von FDP und CSU auf getrennten Treffen heute zur Arbeit der Koalition sagen.

 Da geht's lang: Die CSU tagt heute in Wildbad Kreuth. Foto: dpa

Da geht's lang: Die CSU tagt heute in Wildbad Kreuth. Foto: dpa

Berlin. Genau hinhören wird auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Wenn ihr Stellvertreter, Vizekanzler Guido Westerwelle, heute in der Stuttgarter Oper beim traditionellen Dreikönigstreffen der FDP das Wort ergreift, könnte er eigentlich seine Rede von vor einem Jahr halten. Damals forderte der Oberliberale eine Bundesregierung, die wieder als Team auftrete und ihre Uneinigkeit nicht verkläre. Gemeint war Schwarz-Rot.

Die Zeiten haben sich geändert, die FDP sitzt nun mit der Union im Regierungsboot, und trotzdem wird noch kräftig in verschiedene Richtungen gerudert. Merkel kann dennoch beruhigt dem FDP-Chef lauschen - er wird die Lage der Koalition und den Anteil seiner Partei daran mit allerhand rhetorischer Kunst schönzureden versuchen.

Er kann gar nicht anders. Westerwelle, politisch ein Pflichtmensch und inzwischen von der Bedeutung seines neuen Amtes als Außenminister durchaus beseelt, hat die FDP schließlich nach elf Jahren zurück an die Macht und in die Ministerien gebracht. Zu viel Selbstkritik wenige Monate nach der Bundestagswahl ist da nicht geboten. Spricht man ihn auf den Stolperstart der Koalition an, wird der Mann auch inzwischen fuchtig. Dann attackiert er zurück, dass die Koalition ja nicht einmal die obligatorische 100-Tage-Frist zugestanden bekommen, sondern von Anfang an unter Feuer gestanden habe. Dass seine Liberalen sich indes nicht gerade als Regierungskünstler erwiesen haben, tut Westerwelle mit einem "gewissen Synchronisierungsbedarf" ab, der in jeder neuen Regierung zunächst vorkomme.

Lange Liste von Missgeschicken



Steuern, Afghanistan, der Fall Steinbach (siehe dazu: Seite 19), die Liste der Streitereien und politischen Missgeschicke - auch die der eigenen - bleibt dennoch lang. Seine Rede dürfte daher alles andere als langweilig werden: Wenn ein begabter Wortführer wie Westerwelle sich dreht und windet, dürfte dies von einem gewissen Unterhaltungswert sein.

Parallel zur FDP trifft sich im fernen Bayern die CSU-Landesgruppe im Bundestag zur traditionellen Klausur. Einst war das dreitägige Treffen im verschneiten Wildbad Kreuth willkommener Anlass für die bayerischen Löwen zur Kraftmeierei, um die eigene, bundespolitische Bedeutung zu erhöhen. Aber seit die Christsozialen von einem Wahldebakel zum anderen stürzen - Personalquerelen inklusive - und auch noch das Milliarden-Desaster um die bayerische Landesbank verkraften müssen, ist der CSU-Mythos endgültig Geschichte. Schon fallen die Töne milder aus: "Ich bin sicher, dass wir jetzt im neuen Jahr, auch was die öffentliche Darstellung angeht, besser werden", wirkt der neue Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich so, also ob er Kreide gefressen hätte. Von seinem Verbal-Angriff auf die Kanzlerin, sie möge doch gefälligst mehr Linie zeigen, will Friedrich nichts mehr wissen. Früher, als die CSU-Welt noch in Ordnung war, funktionierte eine solche Profilierung auf Kosten Merkels und ihrer Vorgänger noch ganz gut. Sie heute aber zu attackieren, um vom eigenen Schlamassel abzulenken, verfängt nicht mehr. Das hat Friedrich lernen müssen, das wurde ihm offenkundig auch signalisiert. Horst Seehofer, Parteichef und Ministerpräsident, wird bei der Klausurtagung einen Bericht geben, der besonders spannend sein dürfte. Gilt Seehofer doch innerhalb der CSU bei vielen als Hauptschuldiger dafür, dass die Partei politisch so ramponiert ins neue Jahr geht. Was wiederum den Einfluss in Berlin schmälert.

Ein Fernduell zwischen CSU und FDP ist der heutige Tag allemal, vor allem in der Frage, ob es ab 2011 weitere Entlastungen durch eine große Steuerreform geben soll oder nicht. Ja, sagt die FDP. Abwarten, sagt die CSU. Und was sagt Merkel? Sie wird nach Kreuth und Stuttgart schauen, genau hinhören, aber weiter schweigen.

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