Ramsauer macht Tabula rasa

Heftige Proteste der SPD hat das Verhalten des früheren CSU-Landesgruppenchefs Peter Ramsauer bei der Übernahme der Verantwortung über das Bau- und Verkehrsministerium ausgelöst. Ramsauer versetzte nahezu alle Abteilungsleiter seines Vorgängers Wolfgang Tiefensee (SPD) in den einstweiligen Ruhestand.

Berlin. (wk) "Es ist eine unglaubliche Verschwendung von Steuermitteln, Beamte, die jahrelang ihren Job gut gemacht haben, zum Däumchendrehen zu verurteilen", sagte SPD-Fraktionsvize Florian Pronold. Der Abgeordnete warf Ramsauer mangelnde Souveränität vor, "denn starke Führungsleute können mit guten Leuten leben und brauchen keine willfährigen Parteibuchbürokraten".

Tatsächlich unterscheidet sich Ramsauers Verhalten bei der "Machtübernahme" von dem aller anderen Minister. In keinem anderen Ministerium, das früher von der SPD geführt wurde, wurden bisher Abteilungsleiter in ähnlichem Umfang entlassen. Im Umweltministerium wurden zwei der leitenden Beamten übernommen, zwei in den Ruhestand versetzt. Im Gesundheits- und Arbeitsministerium ist auf dieser Ebene bisher gar nichts passiert, ebenso wenig im Außenministerium.

Der Austausch der Staatssekretäre, der Büroleiter und teilweise auch der Pressesprecher, also des engen politischen Führungszirkels, ist gängige Praxis. Bei Ramsauer jedoch müssen die sechs Abteilungsleiter für die Bereiche Wasser, Schiene, Stadtentwicklung, Bau, Grundsatzfragen und Aufbau Ost gehen, alle SPD-Mitglieder oder der SPD nahestehend.

Es handelt sich jedoch fast ausnahmslos um Funktionen, die nur selten mit parteipolitischen Fragen in Berührung kommen. Zu den Motiven wurde im Ministerium nichts gesagt. Nur, dass die "Grundlagen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht gegeben" seien. Ramsauer habe mit jedem einzelnen ein langes Gespräch geführt und es sich nicht leicht gemacht.

Auch Westerwelle will vom Sparen nichts mehr wissen



Die Entlassenen bekommen einige Monate lang ihr volles Gehalt weiter, bei Ministerialdirigenten sind das 9017 Euro pro Monat. Danach erhalten sie lebenslang ihr verdientes Ruhegehalt, in der Regel 71,75 Prozent davon, also rund 6500 Euro im Monat. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, sprach von "Tabula rasa" im Verkehrsministerium und sagte, der Vorgang komme die Steuerzahler teuer zu stehen. "Er bedeutet kostspielige Vorruhestandsfälle und weniger Fachexpertise."

Das Verschwendungsargument dürfte auch Außenminister Guido Westerwelle bekannt vorkommen. Westerwelle möchte Martin Biesel als dritten Staatssekretär in der FDP-Zentrale installieren. Im "liberalen Sparbuch", auf das Guido Westerwelle vor der Wahl stets hinwies, war die Streichung dieses dritten Staatssekretärs im Außenministerium vorgesehen. Das bringe 125 000 Euro im Jahr, hieß es in der noch am 4. September 2009 präsentierten Streichliste und diene "der Entlastung der Bürger". Davon ist nun keine Rede mehr.

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