Ratzinger: Kirche hält Stürme aus

TRIER. (-pf.) Der römische Kardinal Joseph Ratzinger hat am Donnerstag in Trier die Katholiken dazu aufgerufen, ''bewusst tätig und mit geistigem Gewinn'' an der Liturgie teilzunehmen.

Ratzinger (76), der als Chef der einflussreichen römischen Glaubenskongregation unter Vatikankennern als mächtigster Mann hinter dem Papst angesehen wird, zeichnete in Trier das Bild einer festen Kirche in schwierigen Zeiten. In einer Predigt vor weit über 1000 Gläubigen im Trierer Dom verglich er die Kirche mit einem "Schifflein in stürmischen Zeiten". Zugleich äußerte der vatikanische Cheftheologe, die Kirche stehe "inmitten aller Erschütterung auf Felsengrund". In Anspielung auf gegenwärtige "Zeiten, in denen der Glaube lautlos versickert", gab er sich zuversichtlich: "Die Kirche wird auch durch diese Stürme hindurchgehen". Joseph Kardinal Ratzinger würdigte mit dem feierlichen Gottesdienst im Dom und später in einem Festvortrag in der Liebfrauenkirche die Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils, die auf den Tag genau vor 40 Jahren am 4. Dezember 1963 verabschiedet worden war. Ratzinger, der damals selber am Konzil teilgenommen hatte, sprach von einem "großen Tag für das Konzil und für die Kirche überhaupt". Bei allen Fortschritten in der Liturgie (also: der Art und Weise, wie Gottesdienste gefeiert werden) seien aber "innere Spannungen geblieben, über die wir werden sprechen müssen". Der Kurienkardinal forderte eine Rückbesinnung auf die wirklichen Aussagen des Konzils. Wer nicht alles an der Reform für geglückt und vielleicht einiges daran sogar reformbedürftig fände, sei damit noch kein Gegner des Konzils, meinte er. Kritisch äußerte sich Ratzinger zur gegenwärtigen Lage: Das christliche Allgemeinverständnis, das die Konzilsväter damals vorausgesetzt hätten, gebe es heute nicht mehr. Ratzinger kritisierte, trotz aller Fortschritte in der Liturgie gehe "die Dynamik der Überschreitung vom Sichtbaren zum Unsichtbaren verloren". Es herrschten Äußerlichkeit und Betriebsamkeit. Ratzinger: "Ist uns da die Öffnung zur Welt nicht etwas zu weit geglückt?" Nach dem Festakt, zu dem das in Trier angesiedelte Deutsche Liturgische Institut eingeladen hatte, stellte der Kardinal klar, dass in der katholischen Kirche weiterhin Mädchen als Messdiener eingesetzt werden. Anderslautende Meldungen führte Ratzinger vor Journalistzen darauf zurück, dass ein vermeintliches Richtlinienpapier nur halb oder zu schnell gelesen worden sei.

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