Rebellion gegen die Atomvereinbarung mit dem Iran abgewehrt

Washington · US-Präsident Barack Obama hat seinen größten außenpolitischen Sieg errungen. Das Tauziehen im Kongress endet mit einer Abstimmung, mit der der Atomdeal mit dem Iran nicht mehr gekippt werden kann.

Washington. Als die Abstimmung gelaufen und die Rebellion gegen die Atomvereinbarung mit dem Iran abgewehrt war, quittierte Mitch McConnell seine Niederlage mit purem Sarkasmus. "Lasst die Sektkorken knallen, feiert, heimst die Lorbeeren ein. Es ist euer Deal", rief der Senator aus Kentucky, der die konservative Mehrheit in der kleineren Parlamentskammer anführt, in Richtung Harry Reids, seines demokratischen Gegenspielers. Nicht ein einziger der 54 Republikaner hatte für das Abkommen votiert, während sich von den 46 Demokraten nur vier gegen den Kompromiss und damit gegen das eigene Kabinett stellten. Die Sperrminorität reichte, um Barack Obama ein Spektakel zu ersparen, bei dem er die Abmachung zwar immer noch gerettet, dabei aber schlecht ausgesehen hätte. Er hätte auf sein Veto zurückgreifen müssen, was Präsidenten an der Pennsylvania Avenue nur im äußersten Notfall tun.
Nun kann Obama die Brechstange im Keller lassen, denn der Senat wird über das Iran-Papier als solches gar nicht mehr entscheiden, nachdem die Demokraten ein solches Votum auf dem Verfahrensweg blockierten. Kein Wunder, dass Obama das Ergebnis mit Worten der Erleichterung kommentiert: "Dies ist ein Sieg für die Diplomatie, für die nationale Sicherheit Amerikas, für die Sicherheit der Welt." Das Bemerkenswerte aber ist, wie sehr er von alten Traditionen abweicht, dieser Kongress, in dem zwischen beiden Parteien ein so tiefer Graben verläuft wie kaum jemals zuvor. Am Rande des Wassers, besagt ein geflügeltes Wort, sollte innenpolitischer Streit eigentlich enden. Jenseits des eigenen Territoriums, über die Ufer der Ozeane hinaus, sollten die Vereinigten Staaten der Welt nur ein Gesicht zeigen, kein demokratisches oder republikanisches.
Zwar war das schon immer eine Idealvorstellung, doch meist fanden sich komfortable Mehrheiten, um Weichenstellungen vom Kaliber des Iran-Durchbruchs zu begleiten. Als Richard Nixon 1972 überraschend nach China reiste, um das Eis tauen zu lassen, konnte er sich die Kehrtwende von der Konfrontation zur Öffnung auch deshalb leisten, weil ihm die Legislative keine Knüppel zwischen die Beine warf. Als der Demokrat Jimmy Carter 1978 die Kontrolle über den Panamakanal abzutreten beschloss, wusste er immerhin 16 republikanische Senatoren auf seiner Seite. Auch bei Abrüstungsverträgen mit der Sowjetunion - und später mit Russland - griff das Prinzip der "bipartisanship", des überparteilichen Schulterschlusses. 2010 etwa bekam das Weiße Haus für das Start-II-Abkommen mit dem Kreml 68 Senatorenstimmen.
So gesehen fällt die Causa Iran aus dem Rahmen. Gewiss liegt es auch daran, dass Republikaner wie McConnell dem Präsidenten nach Jahren härtester Opposition den Erfolg nicht gönnen, das erste handfeste Ergebnis eines Normalisierungskurses, den Obama bereits im Kandidatenwettlauf ums Oval Office skizziert hatte und der seine Handschrift trägt wie kaum ein anderes Kapitel. Aber das allein erklärt die Spaltung noch nicht. Dass das sommerliche Ringen zu einem so heiklen Balanceakt wurde, sieht der Harvard-Politologe Nicholas Burns, prominenter Außenpolitiker in mehreren Administrationen, ganz wesentlich in der Vorgeschichte begründet. Ein Land, das US-Diplomaten als Geiseln nahm, das Terrorgruppen unterstützte und insgeheim Nuklearanlagen baute, einem solchen Land schlage nun einmal beharrliche Skepsis entgegen, meint Burns.
Die Befürworter des Deals dagegen setzen auf das Prinzip Hoffnung, auf "Wandel durch Annäherung", darauf, dass ein Iran, in dem jeder Zweite jünger ist als 30, in 15 Jahren, wenn die Re striktionen wegfallen, erst recht nicht an einer Atombombe bastelt.Meinung

Das Minenfeld des Misstrauens
Der Atomdeal mit dem Iran ist in trockenen Tüchern. Barack Obama hat das Tauziehen mit seinen Kritikern im Kongress gewonnen, ohne sich des letzten Mittels, seines Vetos, bedienen zu müssen. Damit kann er einen Erfolg feiern, der umso bemerkenswerter ist, weil der Präsidentschaftskandidat Obama im eigenen Land gegen den Strom schwamm, als er für Gespräche mit den Ajatollahs in Teheran plädierte. Nur wird eben auch deutlich, wie tief im Kongress die Gräben zwischen beiden Parteien verlaufen. So gesehen fällt die Causa Iran komplett aus dem Rahmen. Viele denken beim Namen Iran eben noch immer an ein Land, das amerikanische Diplomaten als Geiseln nahm, dessen Hilfstruppen hinter Bombenanschlägen und Entführungen steckten, dem man also mit ausgeprägter Skepsis begegnet. Es wird dauern, bis auf so einem Minenfeld des Misstrauens Vertrauen entsteht. Das Nuklearpapier ist ein erster, der bislang wichtigste Schritt in diese Richtung. nachrichten.red@volksfreund.de

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