Regierung droht Wirten mit Antiraucher-Gesetz

BERLIN. Die Bundesregierung ist unzufrieden damit, wie Restaurants in Deutschland die freiwillige Vereinbarung zum Nichtraucherschutz umsetzen. Ausdrücklich drohte die Drogenbeauftragte Sabine Bätzing (SPD) gestern mit einer gesetzlichen Regelung wie in Italien oder Spanien, falls bis März 2008 nicht 90 Prozent der Betriebe 50 Prozent Nichtraucherplätze eingerichtet haben.

Noch liegt der Hotel- und Gaststättenverband im Zielkorridor. In diesem Jahr gab es bei 31,5 Prozent der Gaststätten 30 Prozent Nichtraucherplätze. Das waren aber nur 1,5 Prozent mehr Betriebe als für diesen Zeitpunkt vereinbart. "Ich hatte mehr erwartet", sagte die Drogenbeauftragte und wies darauf hin, dass jährlich 3000 Menschen an den Folgen des Passivrauchens sterben. Die Kneipen würden Probleme bekommen, das nächste Zwischenziel im März 2007 zu erreichen. Weniger jugendliche Raucher

Dann sollen schon 40 Prozent der Plätze in 60 Prozent der Lokalitäten rauchfrei sein. Außerdem ließ die Drogenbeauftragte durchblicken, dass sie den Zahlen des Verbandes nicht traut. "Wir werden das genau überprüfen." Insgesamt aber ist die Bundesregierung mit der Entwicklung an der Suchtfront des Rauchens halbwegs zufrieden. Die Tabaksteuererhöhungen hätten zu einem deutlichen Rückgang der Zahl jugendlicher Raucher geführt. Qualmten im Jahr 2001 noch 28 Prozent der zwölf- bis 17-Jährigen, so waren es 2005 nur noch 20 Prozent. "Rauchen gilt unter Jugendlichen inzwischen als uncool", stellte Bätzing zufrieden fest. Die nächste Zielmarke heißt 17 Prozent und soll bis 2008 vor allem durch Aufklärung erreicht werden. Außerdem können die Päckchen an Zigarettenautomaten ab dem nächsten Jahr nur noch mit einer Geldkarte gezogen werden. Rauchfreiheit an Schulen ist bisher erst in acht Bundesländern Gesetz, bemängelte die Drogenbeauftragte, und forderte die säumigen Länder auf, entsprechende Regelungen zu erlassen. Positive Zahlen, aber nirgendwo Entwarnung, gab es im jährlichen Drogenbericht auch bei den meisten anderen Suchtproblemen. Der Alkoholkonsum ist in Deutschland mit rund zehn Litern pro Jahr nach wie vor hoch. 1,6 Millionen Menschen gelten als abhängig von Schnaps, Bier oder Wein. Durch die Steuer auf Alcopops sank aber der Anteil der jugendlichen Konsumenten dieser Sorte Alkohol von 28 auf 16 Prozent. Rückgang bei den harten Drogen

Bei den harten Drogen gab es mit 1326 Rauschgifttoten die niedrigste Zahl seit dem Mauerfall 1989. Wie den extrem Süchtigen geholfen werden kann, ist in der Großen Koalition umstritten. Bätzing plädierte dafür, an diese Gruppe Heroin auf Rezept abzugeben. Sie will ein entsprechendes Gesetz vorbereiten. Ein Modellversuch in sieben Städten habe gezeigt, dass die Methode sehr wirksam sei. Genau das bezweifelt die Union. Deren gesundheitspolitische Sprecherin Annette Widmann-Mauz erklärte gestern, nur bei rund einem Dutzend Fällen gebe es eine Besserung. Es sei zu früh, auf Grund des Modellversuchs gesetzliche Regelungen zu treffen. Bätzing will nun mit den Koalitionspartnern reden und hofft, sie anhand der Daten überzeugen zu können. "Es ist auch eine ethische Verpflichtung, den Betroffenen diese Hilfsmöglichkeit zu geben."

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