Regierung lehnt Porno-Sperre im Netz ab

Berlin · Die britische Regierung sagt der Internetpornografie den Kampf an: Wer die Schmuddelinhalte nutzen will, muss sich extra freischalten lassen. CSU-Politikern gefällt das Modell. Doch sie stoßen auf den Widerstand ihrer Koalitionspartner.

Berlin. Die Bundesregierung hält nichts von neuen Internetsperren, um Kinder und Jugendliche besser vor Pornografie im Netz zu schützen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte unserer Zeitung: "Selbst im Sommerloch ist die Forderung nach neuen Internetsperren unsinnig."
Aus Reihen der CSU war gestern eine "Porno-Schranke" im Netz ins Gespräch gebracht worden. Ähnlich wie es die Briten planen: Der britische Premierminister David Cameron hatte unlängst angekündigt, der Pornografie im Internet den Kampf ansagen zu wollen. Damit Jugendliche nicht mehr auf Sexbilder und Pornovideos zugreifen können, soll auf der Insel ab 2014 der Zugang zu Online-Pornografie erheblich erschwert werden.
Neben Einschränkungen bei Suchmaschinen und Sperrlisten soll ein Filter eingeführt werden, den Internetanbieter künftig standardmäßig aktivieren müssen. Wer dann Pornos im Netz gucken will, muss sich erst freischalten lassen.
Für die Bundesregierung ist ein solches Vorgehen kein Thema. Ein Sprecher von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) erklärte auf Nachfrage, die Bundesregierung lehne Internetsperren "generell" ab. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger wurde konkreter: "Die Koalition hat den Grundsatz Löschen statt Sperren durchgesetzt und erfolgreich praktiziert", so die Ministerin zu unserer Zeitung. "Dem Jugendschutz helfen keine staatlichen Sperren, sondern Erziehung."
Unmut der Internetgemeinde


Außerdem gebe es bereits zahlreiche Jugendschutzfilter, "teils durch öffentliche Stellen zertifiziert" (siehe Extra). An den christsozialen Koalitionspartner gerichtet fügte Leutheusser-Schnarrenberger hinzu: Wer Sperren fordere, "sollte sich die Debatten der letzten Jahre ausdrucken lassen - und vielleicht das Grundgesetz". 2009 hatte die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) wegen der geplanten Sperrung von Kinderpornoseiten erheblichen Unmut der Internetgemeinde auf sich gezogen. Für ihr nie in Kraft getretenes Gesetz musste sie sich als "Zensursula" beschimpfen lassen. Seitdem ist die Politik bei Eingriffen in das Internet überaus vorsichtig geworden.
Extra

Pornoseiten scheinen bei deutschen Usern sehr beliebt zu sein: Ende letzten Monats veröffentlichte das Analyse-Unternehmen Similarweb eine Statistik, wonach 12,5 Prozent aller bundesdeutschen Seitenaufrufe zu Sexbildern, Pornovideos und ähnlichem Schmuddelkram führen. Beim Konsum von Online-Pornos liege Deutschland in der internationalen Web-Statistik mit vorne. Dass der Jugendschutz im Internet allerdings lückenhaft ist, beklagen Experten immer wieder. Deswegen hatte Familienministerin Schröder zusammen mit der Wirtschaft im vergangenen Jahr das Portal www.sicher-online-gehen.de ins Leben gerufen. Dort können sich Eltern zwei Filterprogramme herunterladen, die von der Medienaufsicht genehmigt worden sind. Zahlreiche Tipps zum sicheren Surfen von Kindern und Jugendlichen im Internet bietet zudem die Seite www.jugendschutz.net an. has

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